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Medienschau August 2016

Medienschau August 2016

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen im vergangenen Monat. (Bild: palliative zh+sh)

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Weitere Infos zum Thema

Unter dem Titel «Medienschau» bietet palliative zh+sh regelmässig einen (unvollständigen) Überblick über die Berichterstattung in verschiedenen Medien zu Palliative Care und verwandten Themen. Für den Ferienmonat Juli liefern wir hier eine etwas kürzere Fassung als üblich.

Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden, werden die Links zu den Beiträgen deshalb in der rechten Spalte aufgelistet.

Dokumente zum Thema

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09. September 2016 / Medien
Im Kanton Solothurn tut sich einiges, wie das SRF-Regionaljournal berichtet. In zwei Alters- und Pflegeheimen hat der Verein palliative so je vier Plätze eingerichtet für jüngere schwerkranke Menschen. Ein entsprechendes Angebot hatte im Kanton bisher gefehlt, ein Hospiz gibt es in Solothurn nicht. Ein anderer Verein will genau dies ändern, wie in einem weiteren Beitrag des Regionaljournals Aargau Solothurn berichtet wird. Bereits nächstes Jahr will der neu gegründete Verein «Sterbehospiz Solothurn» ein Hospiz mit sieben Plätzen eröffnen. Knackpunkt ist die Finanzierung. «Aus Sicht des Vereins wird ein Sterbehospiz deshalb nur möglich, wenn das Hospiz auf die Heimliste aufgenommen wird, wenn also Kanton und Gemeinden Beiträge zahlen wie an Alters- und Pflegeheime», heisst es im Bericht. Demnach hat der junge Verein von Kantonsvertretern bereits positive Signale erhalten.

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Ein kritisches Buch des deutschen Palliativmediziners Matthias Thöns hat einige Reaktionen in den Medien ausgelöst. Unter anderem «Der Westen» berichtete darüber und schreibt in einem Online-Artikel, das Buch mit dem Titel «Patient ohne Verfügung – das Geschäft mit dem Lebensende» werde wohl hohe Wellen schlagen. Denn Thöns kritisiere seine Kollegen scharf. Es werde «bestrahlt, geröntgt, operiert, katheterisiert und chemotherapiert, was die Gebührenordnung hergibt», schreibt Thöns in seinem Buch. Es gehe am Lebensende der Patienten oft nicht mehr um den Menschen, sondern nur noch um Gewinne. Im Interview mit der Regionalzeitung sagt er, er fürchte, nach der Veröffentlichung seines Buches keine Patienten mehr zugewiesen zu bekommen. «Aber ich hoffe, dass ich im Gegenzug ganz viele Hausärzte ins Boot holen kann.» Er störe sich schon seit langer Zeit am herrschenden System. Verantwortlich für die kritisierten Zustände sind in seinen Augen längst nicht nur die Ärztinnen und Ärzte. «Da läuft etwas in unserer Gesellschaft schief», sagt er.

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Die deutsche Ärzte Zeitung berichtete derweil über Studienergebnisse, die die Erfahrungen von Thöns untermauern. «Im Mittel mussten 33 bis 38 Prozent der Patienten, deren Leben sich dem Ende näherte, Massnahmen über sich ergehen lassen, die ihnen nichts nützten», heisst es im Artikel mit dem Titel «Umschalten auf Palliativmedizin gelingt Ärzten oft nicht». Die Studie, von der im Artikel die Rede ist, wurde in Australien von Dr. Magnolia Cardona Morell und Kollegen durchgeführt (wir berichteten). Die Ärzte Zeitung gibt jedoch zu bedenken: «Gewiss ist es nutzlos, in den letzten zwei Lebenswochen noch eine Chemotherapie zu veranlassen – wenn man denn vorher weiss, dass es die beiden letzten Wochen des Patienten sein werden.» Ein Grossteil der in der Untersuchung analysierten Studien seien retrospektiv angelegt gewesen «und damit aus der Sicht dessen verfasst, der hinterher klüger geworden war». Auch den Studienautoren ist bewusst, dass unnötige Massnahmen nicht gänzlich zu vermeiden sind. Doch sind sie der Meinung, sie sollten zumindest vermindert werden.

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Um unnötige Behandlungen am Lebensende auch durch eine Patientenverfügung tatsächlich verhindern zu können, muss diese so konkret wie möglich sein. Das ist für Fachleute aus der Praxis keine neue Erkenntnis. Nun hat in Deutschland aber sogar der Bundesgerichtshof (BGH) einen entsprechenden Entscheid gefällt, wie die deutsche «Tagesschau» berichtet. Der BGH hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem drei Schwestern sich über die weitere Behandlung der Mutter zerstritten hatten, die über eine Magensonde ernährt wird. Der BGH fand, der Ausdruck «keine lebensverlängernden Massnahmen» in einer Patientenverfügung sei zu vage, um daraus zu schliessen, dass die Ernährung über die Magensonde bei der betroffenen Mutter beendet werden solle. «Und hier stellt der Bundesgerichtshof Regeln auf, die für alle Inhaber von Patientenverfügungen zentral sind: Wer seine Angehörigen dazu verpflichten will, ihn in bestimmten Situationen sterben zu lassen, muss konkret für diese Situation die ärztlichen Massnahmen beschreiben. Oder er muss sich auf spezifische Krankheiten oder Behandlungssituationen beziehen», heisst es im Online-Artikel der Tagesschau.

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Die amerikanische Ärztin Nancy Wang schreibt auf «Kevin MD» über ein ähnliches Problem und betont, wie wichtig es ist, rechtzeitig mit Patienten und Angehörigen über die Wünsche am Lebensende zu sprechen. Sie schildert ein Erlebnis mit einer Patientin, deren Blasenkrebs gerade Ableger im Hirn gebildet hatte. Kurz nachdem sie mitten in der Nacht zu ihr überwiesen worden war, konnte ihr die Patientin bereits den eigenen Namen nicht mehr nennen. «Das Herz wurde mir schwer», schreibt Wang. «Sie hatte keine Familienmitglieder mehr und nirgends dokumentiert, wie sie in ihren letzten Tagen betreut werden wollte. Und nun war es zu spät um zu fragen.» Auch wer nicht im Bereich von Palliative oder Hospice Care arbeite, müsse Fragen zum Ende des Lebens bei Patienten mit schweren Krankheiten ansprechen, findet sie. «Wenn wir Gespräche über die Ziele am Lebensende verschieben, berauben wir die Patientinnen und Patienten der Chance, ihr Leiden in den letzten Tagen zu vermindern.»

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«Die grosse Mehrheit der Senioren sagt, sie fühlten sich wohl dabei, über das Sterben zu sprechen und glauben, dass es in Ordnung sei, unter Freunden darüber zu reden.» Die Webseite «Daily Infographic» veranschaulichte eine Statistik über die Erfahrungen und Wünsche von Senioren in Australien in Bezug auf das Lebensende, das Sterben und den Tod. Demnach finden drei von vier Personen, dass mehr Gespräche über das Sterben nötig wären, weil dies einerseits ermögliche, Wünsche für das Lebensende zu erfüllen und andererseits das Sterben kein Tabuthema sein sollte.

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Eine Medizinstudentin aus Toronto denkt in einem Online-Artikel des «Star» darüber nach, wie die Betreuung von Menschen am Ende ihres Lebens verbessert werden kann. Sie glaubt, Palliative Care müsse dringend verbessert, die Versorgung für alle gestärkt werden. Die Studentin Sayal schreibt, den Patienten und ihren Familien werde ein schlechter Dienst erwiesen und sie behaupte, dass dies nicht zuletzt daran liege, dass den Begriff «Palliative Care» eine dunkle Wolke, Missverständnisse und ein Stigma umgeben. «Vielleicht ist es nur meine Naivität als Studentin, aber ich komme nicht darum herum zu denken, dass es Zeit ist für einen Wechsel.» Das Ziel palliativer Betreuung sei letztendlich, die Menschen zu unterstützen. «Also weshalb nennen wir sie nicht Supportive Care?»

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«Die Welt» publizierte ein ausführliches Porträt über den deutschen Palliativmediziner Sven Gottschling, der das Zentrum für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie an der Universitätsklinik im saarländischen Homburg leitet. Es ist das erste und bisher einzige Palliative-Care-Zentrum, das sowohl Kinder als auch Erwachsene behandelt. Es wurde von Gottschling vor sieben Jahren gegründet. Der porträtierte Arzt spricht von «professioneller Nähe» statt professioneller Distanz und sagt dennoch, dass man sich als Fachperson immer wieder auch in Erinnerung rufen müsse, dass man zwar beteiligt aber nicht betroffen sei. «Jede Familie muss sich sicher sein dürfen, dass ich nicht zusammenklappe – egal, wie fürchterlich es gerade ist.»

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Ein anderer Mediziner mit einer ganz anderen Rolle aber ähnlichen Problemen wurde im Tages-Anzeiger porträtiert. Georg Staubli, Notfallmediziner und Kinderschutzspezialist im Kispi Zürich, ist ethischer Moderator. Er wird in Situationen beigezogen, in denen sich die Mitglieder eines Behandlungsteams nicht einig darüber werden, ob bei einem Kind weitere kurative Therapien durchgeführt werden sollen oder nicht. Welche Empfehlung sollen sie den Eltern des betroffenen Kindes abgeben? «Meist sind die Kinder, bei denen es um Leben oder Tod geht, unter fünf Jahre alt», sagt Staubli gegenüber dem Tages-Anzeiger. «Sie können nicht abschätzen, was die Konsequenzen eines Entscheides sind.» Die Eltern müssen darum für sie reden. Staubli findet es besonders wichtig, dass ein unheilbar krankes Kind und seine Eltern rechtzeitig vorbereitet werden und dass darüber gesprochen wird, wie sich die Betroffenen das Lebensende vorstellen. «Kinder, die wissen, dass sie sterben werden, können damit meist gut umgehen», so seine Erfahrung. Schwertun würden sich hingegen die Fachleute im Spital: «Sie haben das Überleben im Auge, nicht den Tod.»

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In der «Frankfurter Allgemeinen» schrieb eine Zürcher Oberländer Kantonsschülerin ein Porträt über Simon Peng-Keller. Er erklärt darin, warum Spiritual Care Teil der Lehre von Studierenden der Medizin und Studierenden der Theologie sein soll. Der einzige Professor für Spiritual Care in Europa sagt, es sei durchaus logisch, dass seine Professur der Theologischen Fakultät angehöre. Denn Spiritualität sei zunächst kein klinisches Phänomen, und Spiritual Care sollte nicht medikalisiert werden. «Ausserdem wäre es an der medizinischen Fakultät schwieriger, Theologiestudierende zu integrieren. An der theologischen Fakultät ist das Fach am richtigen Ort…»

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Von der praktischen Seite näherte sich der Tages-Anzeiger in einem anderen Artikel dem Thema Tod und berichtete über Fabrizio Soncini, der diesen und kommenden Monat in zwölf Alterszentren der Stadt Zürich darüber referieren wird, was für den Todesfall vorbereitet werden kann. «Ältere Menschen möchten vor allem wissen, wie sie ihre Hinterbliebenen entlasten können», sagt Soncini. Im Tagi-Artikel werden zehn konkrete Tipps gegeben, wie genau das getan werden kann: Vom übersichtlichen Ablegen der Dokumente, über das Testament, die Beerdigungswünsche und die Adressliste wird alles thematisiert, was an Praktischem geregelt werden kann.

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Dass gerade das Verfassen eines Testaments viel zu oft unterlassen wird, thematisiert ein Artikel der «Süddeutschen» unter dem Titel «Schweigen bis zum Tod». Das Erbe sei ein Tabuthema in vielen Familien. «Denn wer über das Erbe spricht, spricht auch über den Tod, und so schweigen manche lieber», heisst es im Artikel. Aber eine genaue Regelung für den Nachlass werde immer wichtiger, weil aufgrund von Trennungen und Scheidungen auch die gesetzlichen Erbfolgen immer verworrener würden. Beim Erben gehe es nie nur ums Geld. Es gehe immer um mehr. «Es wäre ratsam, den Nachlass noch zu Lebzeiten zu regeln, nicht nur, weil es den Nachfahren womöglich viel Leid erspart, sondern in manchen Fällen auch hohe Kosten.»

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Was nach dem Tod eines Menschen die Zurückbleibenden meist noch mehr beschäftigt als das Erbe, ist der persönliche Verlust. Wer trauert, dem weichen Menschen aber nicht selten aus. Wie auf sie zugegangen werden kann, erklärt eine Expertin im Interview mit der «Rheinpfalz». Die Psychotherapeutin und Autorin Daniela Tausch sagt, es sei wichtig, auf trauernde Menschen zuzugehen – auch, wenn man keine Worte für sie findet. «Manchmal sind der Augenkontakt, die Hand auf dem Arm, eine Umarmung mehr als Worte.» Was allerdings fehl am Platz sei, sind Worte, die den Schmerz kleinreden wollen. Aufmunterungen wie «Du musst nicht traurig sein, ihr hattet doch viel Zeit miteinander» oder «Sie hat es jetzt besser» anerkennen den Schmerz nicht, den Trauernde empfinden. Tausch, die selber früh ihren Ehemann verlor, sagt, Trauer sei in ihren Augen «ein völliges Durcheinander der Gefühle».
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