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Spezialisierte Palliative Care: Es gibt immer noch Lücken

Spezialisierte Palliative Care: Es gibt immer noch Lücken

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Alltag eines mobilen Palliative-Care-Teams: Ein Mitarbeiter von Onko Plus programmiert zu Hause bei einer Patientin eine Schmerzpumpe neu. Das Gerät ermöglicht ihr, sich selbst bei Bedarf genau bestimmte Dosen eines Opioids intravenös zu verabreichen. (Bild: Onko Plus/Sabine Rock)

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Zahlen und Fakten zu SPaC

Die fünf mobilen Teams
Zum Verband spezialisierter Palliative-Care-Leistungserbringer (SPaC) gehören [Einsatzgebiet]:
  • die Fachstelle Palliative Care der Spitex Zürich [Stadt Zürich]
  • das mobile Palliative Care Team Winterthur (MPCT) [Winterthur und Umgebung]
  • Onko Plus, Stiftung für mobile spezialisierte Palliativ- und Onkologiepflege [Zürcher Unterland, Limmattal, Knonaueramt, Zürichsee]
  • OnPac, Team für Onkologische Fachpflege und Palliative Care [Tösstal]
  • Palliative Team Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland (GZO) [Zürcher Oberland]

Spezialisierte Palliative Care
Eine relativ kleine Gruppe von Menschen benötigt spezialisierte Palliative Care: Sie sind unheilbar krank, befinden sich in einer instabilen Situation und leiden unter komplexen Symptomen wie Schmerz, Atemnot, Übelkeit etc., was ihre Lebensqualität stark einschränkt. Die mobilen spezialisierten Teams bieten mit Unterstützung beratender Ärztinnen und Ärzte rund um die Uhr Hilfe in Krisen- und Notfallsituationen. Sie verfügen über Medikamente und Techniken, die sonst nur im Spital vorhanden sind. Ausserdem haben sie bei ihrer Betreuung nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Angehörige im Auge.

Menschen möchten zu Hause sterben
Fast drei Viertel der Bevölkerung (72 Prozent) möchten die letzte Lebensphase in ihrer vertrauten Umgebung, also zu Hause, verbringen und auch dort sterben. Gegen 40 Prozent werden am Lebensende jedoch notfallmässig in ein Spital eingewiesen. Viele Menschen werden nur noch für wenige Wochen in ein Pflegeheim verlegt, weil ihre Symptome wie Schmerzen oder Verwirrung die Angehörigen überfordern.

Weshalb die SPaC-Teams teurer sind
Die Kosten der spezialisierten Palliativpflege sind höher als jene der lokalen Spitex. Gründe dafür sind der Pikettdienst –24 Stunden, sieben Tage die Woche – die längeren Fahrzeiten, die weniger gut planbaren Einsätze sowie die höheren Ausbildungen der Mitarbeitenden. Die Mehrkosten von 75 Franken pro Stunde (2017; 85 Fr. im 2016) müssen im Kanton Zürich die Gemeinden bezahlen. Daneben tragen die Krankenkassen sowie die Patientinnen und Patienten einen Teil der Kosten. Die Gesamtbeträge sind insgesamt jedoch relativ klein: Auf 1000 Einwohner benötigt jährlich nur ein Patient spezialisierte Palliative Care. Im Schnitt fallen für die Gemeinden pro Patient 700 Franken zusätzliche Kosten an; bei 5000 Einwohnern sind das 3500 Franken pro Jahr.

Weshalb im grossen Ganzen trotzdem gespart wird
Unter dem Strich wird mit der spezialisierten ambulanten Pflege Geld gespart: Ihr Einsatz kann die Zahl der Spitaleinweisungen am Lebensende fast halbieren, wie Studien zeigen. Für die Pflege im Spital kommt – im Gegensatz zur ambulanten Pflege – der Kanton auf. Da sich die spezialisierte Palliativmedizin auf einer Nahtstelle zwischen akuter und ambulanter Behandlung befindet, fühlten sich bisher weder Gemeinden noch Kanton für deren Finanzierung zuständig. Der Zürcher Gemeindepräsidentenverband (GPV) empfahl aber vor einem Jahr seinen Mitgliedern, eine neue Leistungsvereinbarung mit einem der SPaC-Teams einzugehen. Längerfristig will der GPV mit dem Kanton eine neue Lösung suchen.

Weshalb SPaC gegründet wurde
Die fünf spezialisierten Teams im Kanton haben sich Ende 2015 zu einem Verband zusammengeschlossen. Sie wollen mit diesem Schritt die flächendeckende Versorgung mit Palliative-Care-Angeboten verbessern, deren Finanzierung sicherstellen und die Qualität ihrer Leistungen hochhalten.


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13. Januar 2017 / Region
Wie Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Zürich am Lebensende betreut werden, hängt immer noch davon ab, wo sie wohnen.
Vor gut einem Jahr schlossen sich die fünf spezialisierten ambulanten Palliative-Care-Teams im Kanton Zürich zum Verband spezialisierter Palliative-Care-Leistungserbringer (SPaC) zusammen. Eines ihrer Ziele war, Versorgungslücken zu schliessen: Die Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Zürich sollten alle Zugang zu spezialisierter Palliativpflege haben. So schreibt es auch der Kanton vor. Für die Realisierung sind die Gemeinden zuständig: Die ambulante Pflege steht in ihrem Pflichtenheft.

Die SPaC-Teams haben im Laufe des letzten Jahres alle Gemeinden eingeladen, eine neue Leistungsvereinbarung zu unterschreiben. Denn der Verband setzt sich auch dafür ein, dass seine Mitglieder kostendeckend abrechnen können. Das war zuvor nicht der Fall. Alle fünf Teams konnten ihre Leistungen nur mit Spenden decken. «Das ist der Sache nicht würdig», sagt Andreas Weber, SPaC-Präsident und Palliativmediziner im Zürcher Oberland. «Wir tun nichts Exotisches, sondern leisten einen existenziell wichtigen Beitrag in der medizinischen Versorgung.»

60 Prozent haben unterschrieben

Bisher haben 98 von 168 Gemeinden im Kanton einen Vertrag mit einem der Teams abgeschlossen, also 60 Prozent (siehe Karte im Anhang). Weil darunter alle Städte sind, dürften rund 80 Prozent der Bevölkerung mit spezialisierter Palliative Care abgedeckt sein.

Weshalb klaffen trotzdem noch Lücken? Einerseits weil es lokale Spitexorganisationen gibt, die überzeugt sind, diese Leistungen selbst anbieten zu können. Dass das möglich ist, bezweifelt Weber: «Meiner Meinung nach kann nur eine Gemeinde in der Grösse der Stadt Zürich einen spezialisierten Dienst mit allem, was dazugehört, kostendeckend betreiben.» Andererseits stecken einzelne Gemeinden noch in Verhandlungen mit einem der Teams oder prüfen die Zusammenarbeit mit einem anderen Anbieter, wie etwa einem Regionalspital.

In den verschiedenen Regionen sieht die Situation folgendermassen aus:

Knonaueramt
Die Bevölkerung im Knonaueramt ist gut abgedeckt, was die spezialisierte Palliativmedizin betrifft. Die Spitex Knonaueramt hat mit allen Gemeinden im Bezirk Affoltern einen Leistungsvertrag. Ihr ist erlaubt, Leistungen an Dritte auszulagern. Sie arbeitet eng mit Onko Plus, der Stiftung für spezialisierte Palliativ- und Onkologiepflege, aus Zürich zusammen. Seit August 2015 hat ein Onko-Plus-Mitarbeiter einen Büroplatz im Spitex-Zentrum in Obfelden. Im Bedarfsfall wird genau geprüft, wer sinnvollerweise zuständig ist, die lokale oder die spezialisierte Spitex. Oftmals sind beide Dienste im Einsatz. Onko Plus und die lokale Spitex legen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den Hausärzten und der Villa Sonnenberg, der Palliativstation des Spitals Affoltern.

Limmattal
Im Bezirk Dietikon sind ebenfalls alle Gemeinden einen kostendeckenden Vertrag mit Onko Plus eingegangen. Die RegioSpitex Limmattal sowie die Spitex rechtes Limmattal engagieren sich darüber hinaus und suchen noch engeren Kontakt zum spezialisierten Team: Eine Mitarbeiterin von Onko Plus konnte in Weiningen einen Büroplatz beziehen und arbeitet besonders eng mit den Mitarbeitenden dort zusammen. Auch bei der RegioSpitex in Dietikon ist sie einen Tag pro Woche präsent und steht den Mitarbeitenden für Fragen zur Verfügung, vor allem bei den gemeinsam betreuten Kunden.

Oberland
Äusserst erfreulich ist die Situation im Zürcher Oberland. Sämtliche Gemeinden haben einen Vertrag mit dem Team der Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland (GZO) oder der Onkologie und Palliativpflege im Tösstal (OnPaC) unterzeichnet. Auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Spitexorganisationen und den Hausärzten ist konstruktiv. In Gossau und Pfäffikon wird das spezialisierte Team auch bezahlt, wenn es in einem Pflegeheim Hilfe leistet. Die Spezialisten unterstützen bei komplexen Problemen, zum Beispiel bei starken Schmerzen, die mit normalen Mitteln nicht mehr kontrollierbar sind, sowie im Notfall auch nachts, wenn die Spitex oder der Hausarzt nicht erreichbar sind. Auswertungen des GZO-Teams zeigen, dass dank dieser Zusammenarbeit der Anteil der Menschen, die trotz schwerer Krankheit bis zum Schluss zu Hause bleiben können, fast verdreifacht werden konnte. Notfallmässige Spitaleinweisungen am Lebensende konnten gut halbiert werden.

Tösstal
Die Tösstal-Gemeinden Wila, Turbenthal, Zell und Teile von Bauma sowie die Nachbargemeinden Fehraltorf, Weisslingen und Russikon werden vom Team für Onkologische Fachpflege und Palliative Care (OnPaC) betreut. Die Versorgung wird zusammen mit den lokalen Spitex-Organisationen, den Hausärzten und den Onkologen aus den benachbarten Spitälern sichergestellt. Als Besonderheit bietet die OnPaC eine psychoonkologische Betreuung an, die innerhalb des SPaC schon in anderen Gebieten zum Einsatz kam. Diese Betreuung steht den Klienten aber insbesondere auch den Angehörigen zur Verfügung. Gezielte Schmerztherapien, spezielle Wundversorgungen oder der Einsatz mit spitalkonformer Medizinaltechnik verringern die Belastungen der Klienten und sind kostengünstiger als die Einweisungen in Spitäler.

Unterland
Viele Gemeinden im Zürcher Unterland stecken noch in der Verhandlungsphase mit einem spezialisierten Palliative-Care-Team. Im Bezirk Bülach haben bisher acht von 22 Gemeinden die neue Leistungsvereinbarung mit Onko Plus unterschrieben. Bülach und fünf umliegende Gemeinden wollen bis Ende Januar einen Entscheid treffen. Im Bezirk Dielsdorf sind es erst vier von 22 Gemeinden, die den neuen Vertrag eingegangen sind. Regensdorf ist eine von ihnen.

Winterthur und Umgebung
Winterthur und die umliegenden Gemeinden sind mit Ausnahmen relativ gut abgedeckt, was die Finanzierung der spezialisierten mobilen Palliative Care betrifft. Die Gemeinden oder Spitexorganisationen im Bezirk Winterthur haben fast alle eine Leistungsvereinbarung mit dem Mobilen Palliative Care Winterthur (MPCT) abgeschlossen, ebenso die Spitex Kempt (Illnau-Effretikon und Lindau). Und auch die Gemeinden, die zur Spitex Flaachtal gehören, haben mit dem MPCT einen Vertrag. Dieses ist dennoch am meisten im urbanen Umfeld tätig: Es betreut den grössten Teil, nämlich rund zwei Drittel, der Patientinnen und Patienten in der Stadt Winterthur und leistet auch dort 75 Prozent seiner Patientenstunden.

Zürichsee-Gemeinden
Im Bezirk Horgen haben alle Gemeinden eine Leistungsvereinbarung mit Onko Plus unterschrieben.
Im Bezirk Meilen ist die Palliativpflege noch anders organisiert. Nur Zumikon, welches zur Spitexregion Pfannenstiel gehört, ist bisher einen Vertrag mit Onko Plus eingegangen. Einige der anderen Gemeinden haben ihren Spitexorganisationen den Auftrag gegeben, die Palliativpflege zu gewährleisten und allenfalls Kooperationsverträge einzugehen. Das Spital Männedorf bietet spezialisierte Palliative Care bereits spitalintern an, und es wird erwogen, zusätzlich ein eigenes mobiles Palliative-Care-Team auf die Beine zu stellen oder mit einem der spezialisierten Teams zusammenzuspannen. Das Konzept soll aber noch im Detail mit den Spitexorganisationen und Gemeinden diskutiert werden.

Die mobilen Palliative-Care-Teams verdrängen die lokalen Spitex-Dienste nicht, sondern arbeiten eng mit ihnen zusammen. Die Spezialisten kommen nur in Fällen zum Einsatz, die sehr komplex sind, zum Beispiel weil sich Symptome wie Schmerzen etwa nur schwer kontrollieren lassen. Dies ist im Schnitt nur bei jeder 1000. Person nötig.
SPaC, sa