Vor gut einem Jahr schlossen sich die fünf spezialisierten ambulanten Palliative-Care-Teams im Kanton Zürich zum Verband spezialisierter Palliative-Care-Leistungserbringer (SPaC) zusammen. Eines ihrer Ziele war, Versorgungslücken zu schliessen: Die Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Zürich sollten alle Zugang zu spezialisierter Palliativpflege haben. So schreibt es auch der Kanton vor. Für die Realisierung sind die Gemeinden zuständig: Die ambulante Pflege steht in ihrem Pflichtenheft.
Die SPaC-Teams haben im Laufe des letzten Jahres alle Gemeinden eingeladen, eine neue Leistungsvereinbarung zu unterschreiben. Denn der Verband setzt sich auch dafür ein, dass seine Mitglieder kostendeckend abrechnen können. Das war zuvor nicht der Fall. Alle fünf Teams konnten ihre Leistungen nur mit Spenden decken. «Das ist der Sache nicht würdig», sagt Andreas Weber, SPaC-Präsident und Palliativmediziner im Zürcher Oberland. «Wir tun nichts Exotisches, sondern leisten einen existenziell wichtigen Beitrag in der medizinischen Versorgung.»
60 Prozent haben unterschrieben
Bisher haben 98 von 168 Gemeinden im Kanton einen Vertrag mit einem der Teams abgeschlossen, also 60 Prozent (siehe Karte im Anhang). Weil darunter alle Städte sind, dürften rund 80 Prozent der Bevölkerung mit spezialisierter Palliative Care abgedeckt sein.
Weshalb klaffen trotzdem noch Lücken? Einerseits weil es lokale Spitexorganisationen gibt, die überzeugt sind, diese Leistungen selbst anbieten zu können. Dass das möglich ist, bezweifelt Weber: «Meiner Meinung nach kann nur eine Gemeinde in der Grösse der Stadt Zürich einen spezialisierten Dienst mit allem, was dazugehört, kostendeckend betreiben.» Andererseits stecken einzelne Gemeinden noch in Verhandlungen mit einem der Teams oder prüfen die Zusammenarbeit mit einem anderen Anbieter, wie etwa einem Regionalspital.
In den verschiedenen Regionen sieht die Situation folgendermassen aus:
Knonaueramt
Die Bevölkerung im Knonaueramt ist gut abgedeckt, was die spezialisierte Palliativmedizin betrifft. Die Spitex Knonaueramt hat mit allen Gemeinden im Bezirk Affoltern einen Leistungsvertrag. Ihr ist erlaubt, Leistungen an Dritte auszulagern. Sie arbeitet eng mit Onko Plus, der Stiftung für spezialisierte Palliativ- und Onkologiepflege, aus Zürich zusammen. Seit August 2015 hat ein Onko-Plus-Mitarbeiter einen Büroplatz im Spitex-Zentrum in Obfelden. Im Bedarfsfall wird genau geprüft, wer sinnvollerweise zuständig ist, die lokale oder die spezialisierte Spitex. Oftmals sind beide Dienste im Einsatz. Onko Plus und die lokale Spitex legen Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit den Hausärzten und der Villa Sonnenberg, der Palliativstation des Spitals Affoltern.
Limmattal
Im Bezirk Dietikon sind ebenfalls alle Gemeinden einen kostendeckenden Vertrag mit Onko Plus eingegangen. Die RegioSpitex Limmattal sowie die Spitex rechtes Limmattal engagieren sich darüber hinaus und suchen noch engeren Kontakt zum spezialisierten Team: Eine Mitarbeiterin von Onko Plus konnte in Weiningen einen Büroplatz beziehen und arbeitet besonders eng mit den Mitarbeitenden dort zusammen. Auch bei der RegioSpitex in Dietikon ist sie einen Tag pro Woche präsent und steht den Mitarbeitenden für Fragen zur Verfügung, vor allem bei den gemeinsam betreuten Kunden.
Oberland
Äusserst erfreulich ist die Situation im Zürcher Oberland. Sämtliche Gemeinden haben einen Vertrag mit dem Team der Gesundheitsversorgung Zürcher Oberland (GZO) oder der Onkologie und Palliativpflege im Tösstal (OnPaC) unterzeichnet. Auch die Zusammenarbeit mit den lokalen Spitexorganisationen und den Hausärzten ist konstruktiv. In Gossau und Pfäffikon wird das spezialisierte Team auch bezahlt, wenn es in einem Pflegeheim Hilfe leistet. Die Spezialisten unterstützen bei komplexen Problemen, zum Beispiel bei starken Schmerzen, die mit normalen Mitteln nicht mehr kontrollierbar sind, sowie im Notfall auch nachts, wenn die Spitex oder der Hausarzt nicht erreichbar sind. Auswertungen des GZO-Teams zeigen, dass dank dieser Zusammenarbeit der Anteil der Menschen, die trotz schwerer Krankheit bis zum Schluss zu Hause bleiben können, fast verdreifacht werden konnte. Notfallmässige Spitaleinweisungen am Lebensende konnten gut halbiert werden.
Tösstal
Die Tösstal-Gemeinden Wila, Turbenthal, Zell und Teile von Bauma sowie die Nachbargemeinden Fehraltorf, Weisslingen und Russikon werden vom Team für Onkologische Fachpflege und Palliative Care (OnPaC) betreut. Die Versorgung wird zusammen mit den lokalen Spitex-Organisationen, den Hausärzten und den Onkologen aus den benachbarten Spitälern sichergestellt. Als Besonderheit bietet die OnPaC eine psychoonkologische Betreuung an, die innerhalb des SPaC schon in anderen Gebieten zum Einsatz kam. Diese Betreuung steht den Klienten aber insbesondere auch den Angehörigen zur Verfügung. Gezielte Schmerztherapien, spezielle Wundversorgungen oder der Einsatz mit spitalkonformer Medizinaltechnik verringern die Belastungen der Klienten und sind kostengünstiger als die Einweisungen in Spitäler.
Unterland
Viele Gemeinden im Zürcher Unterland stecken noch in der Verhandlungsphase mit einem spezialisierten Palliative-Care-Team. Im Bezirk Bülach haben bisher acht von 22 Gemeinden die neue Leistungsvereinbarung mit Onko Plus unterschrieben. Bülach und fünf umliegende Gemeinden wollen bis Ende Januar einen Entscheid treffen. Im Bezirk Dielsdorf sind es erst vier von 22 Gemeinden, die den neuen Vertrag eingegangen sind. Regensdorf ist eine von ihnen.
Winterthur und Umgebung
Winterthur und die umliegenden Gemeinden sind mit Ausnahmen relativ gut abgedeckt, was die Finanzierung der spezialisierten mobilen Palliative Care betrifft. Die Gemeinden oder Spitexorganisationen im Bezirk Winterthur haben fast alle eine Leistungsvereinbarung mit dem Mobilen Palliative Care Winterthur (MPCT) abgeschlossen, ebenso die Spitex Kempt (Illnau-Effretikon und Lindau). Und auch die Gemeinden, die zur Spitex Flaachtal gehören, haben mit dem MPCT einen Vertrag. Dieses ist dennoch am meisten im urbanen Umfeld tätig: Es betreut den grössten Teil, nämlich rund zwei Drittel, der Patientinnen und Patienten in der Stadt Winterthur und leistet auch dort 75 Prozent seiner Patientenstunden.
Zürichsee-Gemeinden
Im Bezirk Horgen haben alle Gemeinden eine Leistungsvereinbarung mit Onko Plus unterschrieben.
Im Bezirk Meilen ist die Palliativpflege noch anders organisiert. Nur Zumikon, welches zur Spitexregion Pfannenstiel gehört, ist bisher einen Vertrag mit Onko Plus eingegangen. Einige der anderen Gemeinden haben ihren Spitexorganisationen den Auftrag gegeben, die Palliativpflege zu gewährleisten und allenfalls Kooperationsverträge einzugehen. Das Spital Männedorf bietet spezialisierte Palliative Care bereits spitalintern an, und es wird erwogen, zusätzlich ein eigenes mobiles Palliative-Care-Team auf die Beine zu stellen oder mit einem der spezialisierten Teams zusammenzuspannen. Das Konzept soll aber noch im Detail mit den Spitexorganisationen und Gemeinden diskutiert werden.
Die mobilen Palliative-Care-Teams verdrängen die lokalen Spitex-Dienste nicht, sondern arbeiten eng mit ihnen zusammen. Die Spezialisten kommen nur in Fällen zum Einsatz, die sehr komplex sind, zum Beispiel weil sich Symptome wie Schmerzen etwa nur schwer kontrollieren lassen. Dies ist im Schnitt nur bei jeder 1000. Person nötig.