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Zur Eröffnung veranstaltete das Hospiz Pallivita Bethanien ein Symposium mit zahlreichen Fachpersonen, Gästen und Teilnehmenden. (Bilder: palliative zh+sh, ei)

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24. Januar 2017 / Region

Am Eröffnungssymposium des Pallivita Bethanien ging es um die optimale Versorgung


Ein vielfältiges Symposium eröffnete ein Hospiz mit vielfältigem Angebot: Das «Pallivita Bethanien» stellte sich mit einem Eröffnungssymposium vor und liess Fachpersonen zu unterschiedlichen Themen zu Wort kommen.
«Wir wollten unsere ganze Vielseitigkeit und Kompetenz aufzeigen. Und wir wollten auch darstellen, wo die grossen Herausforderungen in unserem Alltag und in unserer Zukunft liegen», sagt Katja Fischer im Rückblick auf das Eröffnungssymposium des neuen Hospizes «Pallivita Bethanien» in Zürich. Genau das ist der leitenden Ärztin des Pallivita Bethanien und ihrem Team gelungen. Direkt im Anschluss an das Symposium kamen verschiedene Hausärzte auf das Team zu, um Kontakt zu knüpfen und das umfangreiche Angebot zu unterstützen.

Das Pallivita Bethanien ist seit dem 1. November 2016 in Zürich Altstetten mit neuem Konzept in Betrieb (pallnetz.ch berichtete). Das von der Diakonie Bethanien betriebene Hospiz war davor als Langzeit-Pflegeinstitution mit spezialisierter Palliative Care am Zürichberg angesiedelt. Geändert hat sich also nicht nur der Standort, sondern auch das Selbstverständnis des Pallivita. Das Eröffnungssymposium des «Kompetenzzentrums Palliative Care» Pallivita Bethanien vom 19. Januar stand denn auch unter dem Titel «Spezialisierte Palliative Care am Ort der Wahl – Welche Unterstützung gibt es?». Das neue Pallivita bietet mit 16 Betten in einem modernen, grosszügigen Gebäude in Zürich Altstetten stationäre Aufenthalte im Hospiz, aber auch interprofessionelle Sprechstunden, einen Konsiliardienst für Praxen und Spitäler sowie ab diesem Jahr einen eigenen mobilen Dienst mit spezialisierter Palliative Care. Ein hochspezialisiertes Hospiz also mit Qualitätskontrolle und – so streben es Katja Fischer ihr Team an – einem Label «Qualität in Palliative Care» per Ende 2017. Dass die Finanzierung eines solchen hochspezialisierten und dennoch breiten Angebotes in Zürich eine grosse Herausforderung darstellt, wurde am Eröffnungssymposium ebenfalls klar. Dass ein Hospiz mit hochspezialisiertem Personal mit derselben Pauschale abrechnen muss wie ein Pflegeheim ist für die Betreibenden ein Problem (und auch die Pflegeheime sind im Übrigen bereits mit der Langzeit-Pauschale stark am Anschlag). Das heisst, das Defizit für den Betrieb muss irgendwie gedeckt werden. Und dennoch bleibt es für Betroffene eine Frage des Geldes, ob sie in einer schwierigen Situation eine hospizliche Betreuung erhalten oder nicht. Die zu zahlenden Beiträge können längst nicht alle leisten. Darüber sprach das Pallivita-Team ebenso engagiert wie über das eigene Angebot.

ACP als andauernde Verpflichtung für Fachpersonen

So vielfältig wie das Angebot des Pallivita fiel auch das Programm des Eröffnungssymposiums aus. Es wurde über Advance Care Planning gesprochen, über Mobile Palliative Care, Spiritual Care und über die Behandlung von Obstipation bei Palliativpatienten.
«Die gute Nachricht: Es gibt Advance Care Planning.»
Barbara Loupatatzis und Theodore Otto

Barbara Loupatatzis und Theodore Otto sprachen mindestens so engagiert wie zuvor das Team des Pallivita. Und zwar über ihr «Herzensthema» Advance Care Planning. Loupatatzis erklärte: «Die meisten Menschen sterben im Spital, ihr Sterben ist zu erwarten. Das heisst, man hätte eigentlich oft die Chance, mit ihnen darüber zu reden. Schade, dass das kaum stattfindet!» Die gute Nachricht, so Loupatatzis und Otto: «Es gibt Advance Care Planning.» ACP, die Methode einer gemeinsamen Vorausplanung, sehen die beiden als andauernde Verpflichtung für Gesundheitsfachpersonen. Mit «gemeinsam» ist gemeint, dass die Patientinnen oder Patienten und ihre Angehörigen zusammen mit Ärztinnen, Ärzten sowie speziell ausgebildeten ACP-Berater_innen vorausplanen. Ein Projekt von palliative zh+sh, das die beiden massgeblich mitgestalten, verknüpft ACP mit einer Notfallplanung (NOPA) für Palliativpatientinnen und -patienten. Da viele Symptome bei schwerer Krankheit voraussehbar seien, könne für diese Fälle geplant werden – wo gewünscht, auch so, dass die Betroffenen zuhause bleiben können, wenn Komplikationen auftreten. Darum ist in diesem Projekt ein Webtool in Entwicklung, mit dem, in gemeinsamer Vorausplanung, individualisierte Notfallpläne generiert werden können.

Zuhause geht es manchmal besser als im Spital

Wie wichtig es ist, gemeinsam vorausschauend zu planen betonte auch Monika Jaquenod-Linder. Die spezialisierte Schmerztherapeutin der Klinik Hirslanden arbeitet intensiv mit den mobilen spezialisierten Palliative-Care-Diensten der Spitex Zürich und Onko Plus zusammen. Sie zeigt sich überzeugt, dass Palliativpatientinnen und -patienten auch in hochkomplexen Situationen zuhause betreut werden können. «Manchmal geht das sogar besser als im Spital!» Denn im Spital laufe vieles höchst schematisch ab, während Schmerztherapien und die gesamte Betreuung zuhause sehr individuell gestaltet werden können. «Was es dazu braucht, ist Voraussicht», so Jaquenod-Linder.
«Wir müssen den Patienten Sicherheit vermitteln! Das gelingt, wenn spezialisierte Teams da sind.»
Monika Jaquenod-Linder

Es brauche einen Massnahmenplan für Schmerzen, Atemnot, Übelkeit und andere übliche Symptome. Die Anwendung von Schmerzmitteln sei höchst individuell zu gestalten, sagt sie. Wichtig sei, dass gerade die Atemnot auch in die vorausschauende Planung einbezogen werde und dass Symptome wie Schlaflosigkeit behandelt würden – wenn nötig auch mit unkonventionellen Methoden. Eine grosse Erleichterung für Betroffene sei die PCA (Patient Controlled Analgesia), womit die Patientinnen und Patienten, aber auch ihre Angehörigen per Knopfdruck selber Schmerzmittel zuführen könnten. Bei all dem dürfe nicht vergessen werden: Es brauche ein hochspezialisiertes, motiviertes mobiles Team wie die Onko Plus oder die Palliativ-Care-Spitex der Stadt Zürich. «Wir müssen den Patienten Sicherheit vermitteln! Das gelingt, wenn spezialisierte Teams da sind.»

Da sein und dranbleiben

Der Seelsorger Andreas Schaefer warf ein Schlaglicht auf ein ganz anderes Thema, das im umfangreichen Angebot von Palliative Care nicht fehlen darf: Spiritual Care. «Ist das Konzept der Spiritual Care eine Antwort auf die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung – oder nur eine Art ‘Sprachspiel’?» Zur viel diskutierten Frage, was Spiritual Care eigentlich sei, leistete Schaefer einen erhellenden Beitrag. «Spiritual Care beachtet Würde und Lebensqualität mehr als konfessionelle Lehrsätze und will mit Glaube und Spiritualität so umgehen, dass sie Ressourcen ergeben.» Eine Seelsorgeperson definiere sich dann nicht ausschliesslich über ihre Kirchenanbindung, sondern gehe auf den Menschen in seiner Situation ein. «Es braucht Menschen, die da sind und die an gewissen Fragestellungen dran sind – und dranbleiben! Menschen, die nicht nur Fragebögen ausfüllen und dann wieder gehen», sagte Schaefer mit einem augenzwinkernden Blick auch auf die «Spiritual Assessments», die das Ausfüllen von Fragebögen beinhalten. Schaefer machte auch auf eindrückliche Weise deutlich, dass die Abgrenzung zwischen «religiös» und «spirituell» alles andere als klar und vor allem höchst individuell ist. In jedem Fall plädierte er für «personalisierte Rituale». Rituale an sich seien in der Spiritual Care sehr wichtig. Aber genauso wie nicht das gleiche Medikament für alle Palliativpatienten geeignet sei, sei nicht jedes Ritual für alle passend. Es gehe einfach darum, Raum zu schaffen, sodass jemand sich aussprechen und sich mitteilen könne.
«Spiritual Care beachtet Würde und Lebensqualität mehr als konfessionelle Lehrsätze.»
Andreas Schaefer

Das umfangreiche Programm am Symposium wurde sehr positiv aufgenommen. Katja Fischer berichtet von zahlreichen enthusiastischen Reaktionen, auch wenn das Programm für einen Nachmittag etwas ambitioniert war. «Wir werden nächstes Mal etwas weniger Referate einplanen», sagt Fischer. Das Eröffnungssymposium wird nämlich nicht die letzte lehrreiche Veranstaltung sein, die das Pallivita durchführt. Auch das soll Teil sein des künftigen Angebotes: Weiterbildungen für Fachpersonen der Palliative Care.
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