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Betagte Menschen mit psychischen Erkrankungen
Netzlounge März 2017

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Die Lebensqualität von betagten Menschen mit psychischen Erkrankungen im Fokus: Samuel Vögeli stellt an der Netzlounge vom März 2017 den Dienst «AGIL» vor. (Bilder: palliative zh+sh, ei)

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29. März 2017 / Region
Der Konsiliar- und Liaisondienst AGIL der Klinik für Alterspsychiatrie der Universitätsklinik Zürich bietet Unterstützung, wenn betagte Menschen in Heimen oder zuhause «herausforderndes Verhalten» zeigen.
«Der Dienst AGIL stellt eine Expertise zur Verfügung, von der leider viele Fachpersonen in Heimen und mobilen Teams nichts wissen», sagt Geschäftsleiterin von palliative zh+sh Monika Obrist zum Auftakt der ersten diesjährigen Netzlounge am 23. März 2017 in Zürich. Die heutige Präsentation von Samuel Vögeli sei deshalb wichtig für Fachpersonen der Palliative Care. Denn im Alltag in Heimen und zuhause komme es immer wieder vor, dass betagte, pflegebedürftige Menschen ein sogenannt «herausforderndes Verhalten» zeigen würden.
«Das häufigste Thema, mit dem wir zu tun haben, ist das Management von herausforderndem Verhalten bei Demenz.»
Samuel Vögeli

Samuel Vögeli ist Pflegeexperte beim Konsiliar- und Liaisondienst AGIL der Klinik für Alterspsychiatrie der Universitätsklinik Zürich. Als ausgebildeter und erfahrener Experte und «Advance Practice Nurse» kann er Betroffenen und Pflegenden eine grosse Unterstützung sein. Im Team des AGIL arbeiten zudem eine spezialisierte Ärztin und eine Sozialberaterin. Die Menschen, um die sich die Mitarbeitenden des Dienstes kümmern, sind meist von einer psychischen und / oder demenziellen Erkrankung betroffen. Die Expertinnen und Experten arbeiten aber nicht nur direkt mit den Betroffenen, sondern auch mit professionellen und freiwilligen Pflegenden und Angehörigen. Sie bieten ärztliche, pflegerische und soziale Beratung und Unterstützung in Zürich und Umgebung. Auch Weiterbildungen, Teamsupervisionen und Fallbesprechungen für Fachpersonen in Institutionen gehören zu den Aufgaben des Teams von AGIL. «Das häufigste Thema, mit dem wir zu tun haben, ist das Management von herausforderndem Verhalten bei Demenz», sagt Vögeli.

Genau hinschauen

Werden Vögeli und seine Kolleginnen beispielsweise in ein Heim gerufen, wo eine Bewohnerin ein solches herausforderndes Verhalten zeigt, beginnt im Normalfall zuerst ein Analyseprozess: Genau hinschauen und zuhören, genau dokumentieren, was die betreffende Person wann und wie tut. «Die funktionale Analyse ist fast immer anwendbar bei Menschen mit Demenz», sagt Vögeli. Es ist eine Methode, mit der man systematisch nicht nur das Verhalten der Person, sondern auch alle Aspekte erhebt, die ihr Verhalten beeinflussen können. «Durch die genaue Analyse ergeben sich plötzlich erkennbare Verhaltensmuster und daraus mögliche pflegerische Interventionen», so Vögeli.

AGIL startete 2013 als Projekt mit dem Ziel, die Lebensqualität von älteren Menschen mit akuten psychischen Erkrankungen so gut wie möglich zu erhalten. Das Projekt will darüber hinaus dafür sorgen, dass Betroffene aus häuslichem oder institutionellem Setting nur noch bei absoluter Notwendigkeit stationär in die Psychiatrische Klinik eintreten. Auch eine enge Vernetzung zwischen stationären und ambulanten Versorgungsangeboten wollen die Fachpersonen von AGIL fördern und dort, wo eine Hospitalisation nicht verhindert werden kann, soll die Aufenthaltsdauer vermindert werden.

Knappe Ressourcen

Eine erste Evaluation vor einem knappen Jahr zeigte ermutigende Ergebnisse. Die Interventionen von AGIL wurden von den Befragten Fachpersonen und Institutionen als hilfreich empfunden. «Unsere personellen Ressourcen sind allerdings relativ tief, was oft zu Wartezeiten führt», sagt Samuel Vögeli. Er selber arbeitet für AGIL 40 Prozent, die Ärztin im Team 80 Prozent, die Sozialarbeiterin 20 Prozent. Mit 40 Stellenprozenten unterstützt das Sekretariat das Team als Anlaufstelle und in der Administration. Die Wartezeiten entstünden auch, weil die Ärztin bei Erstbesuchen von AGIL zwingend dabei sein müsse. «Wir bieten aber ausdrücklich keinen Notfalldienst», sagt Vögeli.
«Bei der Finanzierung gibt es gesundheitspolitischen Handlungsbedarf.»
Samuel Vögeli

Eine Herausforderung stellt für den Dienst ausserdem die Finanzierung dar. Man kämpft mit denselben Problemen wie die spezialisierten mobilen Palliative-Care-Dienste: Wegzeiten und pflegerische Leistungen sind trotz Spezialisierung nicht abrechenbar. «Bei patientenbezogenen Fallbesprechungen in Heimen können wir über Tarmed abrechnen», sagt Vögeli. «In anderen Fällen müssen wir ein Honorar verrechnen.» Die Finanzen sind auch der Grund, weshalb AGIL grundsätzlich nur in der Stadt Zürich und den angrenzenden Gemeinden tätig ist. Nur Fortbildungen werden im ganzen Kanton Zürich angeboten. «Aktuell gibt es gewisse Heime im Kanton, die unsere Dienste trotzdem in Anspruch nehmen wollen und die anfallenden Mehrkosten übernehmen. Aber hier gibt es sicher gesundheitspolitischen Handlungsbedarf», so Vögeli.
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