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Telefonische Notfallberatung für Palliativpatienten

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Betreuungspersonen und Palliativpatienten werden in Notfallsituationen am telefon beraten. Das neue Angebot «Pallifon» startet ab sofort. (Bild: Pallifon)

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Foundation Zürich Park Side

Die «Foundation Zürich Park Side» wurde 2011 durch Vertreter der Wirtschaft und von Gemeinden der Zürichseeregion als gemeinnützige Stiftung gegründet. Ihr Ziel ist die Wirtschafts- und Standortförderung in ihrer Region. Sie unterstützt Projekte im Bereich Soziales und Bildung, Innovation und Nachhaltigkeit sowie Kultur. Die Finanzierung der Projekte soll durch Drittmittel erfolgen und nur zu einem minimalen Anteil durch die Mittel der Stiftung.

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21. August 2014 / Region
Ab sofort können Palliativpatienten und ihre Angehörigen auf telefonische Beratung zurückgreifen, wenn Hausärzte und mobile Pflegedienste nicht erreichbar sind. Das «Pallifon» bietet neu in gewissen Regionen der Kantone Zürich und Schwyz seine Beratungs- und Triagedienste an.

Mitten in der Nacht erwacht Herr König und schnappt nach Luft. Er leidet an akuter Atemnot und gerät bald in Panik. Seine Frau erwacht sofort und weiss nicht, wie sie ihrem Mann helfen kann. Sie kennt zwar ähnliche Situationen, seit ihr Mann an Lungenkrebs leidet. Aber heute ist es besonders schlimm. Es fällt ihr schwer, die Notfallmedikamente auseinander zu halten und die Atemnot ihres Mannes scheint immer schlimmer zu werden. Um diese Zeit sind weder die Spitex noch der Hausarzt erreichbar. Frau König will keine Zeit verlieren. Sie wählt die Notrufnummer. Herr König wird notfallmässig hospitalisiert, damit die Fachleute seine Symptome lindern können. Dabei wollte er möglichst lange zuhause bleiben.

Auch wenn Herr König schon am nächsten Tag wieder nach Hause kann: Hospitalisierungen sind kräftezehrend und zudem kostenintensiv. Studien zeigen, dass rund die Hälfte der Notfallhospitalisierungen von Palliativpatienten vermeidbar wäre. Gerade im Hinblick darauf, dass die Mehrheit der Menschen zuhause sterben möchte und eben nicht im Spital, kommt solchen Umständen grosse Bedeutung zu. Der Palliativmediziner Roland Kunz sagt, der Wunsch der Mehrheit der Patientinnen und Patienten, zuhause zu sterben, könne oft nur darum nicht erfüllt werden, weil es an der nötigen Organisation und teils an der nötigen Struktur fehle.

Unnötige Spitaleinweisungen vermeiden

Kunz sagt dies anlässlich der Medienkonferenz von «Pallifon», einem neuen Angebot in der palliativen Grundversorgung in der Region linkes Zürichseeufer und Schwyz. «Mit dem Pallifon wollen wir unnötige Spitaleinweisungen vermeiden», so Kunz. Die Notfallnummer 0844 148 148 steht Palliativpatienten und -patientinnen, ihren Angehörigen, aber auch Betreuungspersonen beispielsweise in Pflegeheimen während 24 Stunden das ganze Jahr über zur Verfügung. Es wird betrieben vom Ärztefon, das bereits seit Langem medizinische Beratung und vor allem Vermittlung ärztlicher Unterstützung in der Nähe der Anrufenden anbietet. In einem Fall wie dem von Herrn König könnte seine Frau statt der Notrufnummer 144 jene des Pallifon wählen. Ausgebildete Fachleute könnten ihr telefonisch beim Finden der richtigen Medikamente behilflich sein und so wäre es möglich, die Zeit bis zum nächsten Morgen, wenn der Hausarzt oder die Spitex wieder im Dienst ist, zuhause zu überbrücken. Oft brauche es gar nicht viel, um solche Situationen vorübergehend in den Griff zu kriegen, sagt Kunz, der das Projekt Pallifon gemeinsam mit anderen Fachleuten und der Stiftung «Foundation Zürich Park Side» zum Laufen brachte. Er meint, was es brauche, sei ein Coaching für pflegende Angehörige. Und dieses könne das Pallifon gewährleisten.

Zur Umsetzung des Projektes werden nun alle Hausärzte, die Spitex sowie die Spitäler und Heime informiert. Das Pallifon versteht sich als Ergänzung zu den bestehenden Angeboten in der Grundversorgung. Palliativpatienten und -patientinnen sollen durch ihre Behandlungsteams auf das Pallifon aufmerksam gemacht werden. Wer beispielsweise aus einem Akutspital nach Hause kommt, hat so eine erste Anlaufstelle für jene Tage und Stunden, in denen ihre ambulanten Betreuungspersonen nicht erreichbar sind. Damit will man nicht nur unnötige Spitaleinweisungen verhindern, sondern auch die Qualität der Versorgung zu Hause zusätzlich verbessern.

Spezielle Schulung für Ärztefon-Mitarbeitende

Das Projekt «Pallifon» wird getragen von der Stiftung Foundation Zürich Park Side (siehe rechte Spalte). Drei Vertreter der Stiftung arbeiteten während zwei Jahren zusammen mit Projektleiter Roland Kunz und weiteren Fachärzten, Fachpflegenden und Hausärzten an der Projektentwicklung. Beteiligt war auch palliative zh+sh. Die Zusammenarbeit mit dem Ärztefon erleichterte dem Team die Umsetzung. Und auch für das Ärztefon macht die Zusammenarbeit Sinn. «Als wir angefragt wurden, ob wir die Betreuung des Pallifon übernehmen könnten, war für mich sofort klar: Das passt perfekt in unser Angebot», sagt Monika Hänggi, Ärztin und CEO des Ärztefon. Ihre Kernkompetenz sei es, abzuklären, was die Anrufenden tatsächlich bräuchten, um danach eine Triage vorzunehmen und wenn nötig ärztliche Hilfe zu vermitteln. «So bekommen die Anrufenden die richtige Behandlung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.» Denn das Ärztefon kennt die regionalen Hausärzte und Spezialisten verschiedener Fachbereiche sowie deren Einsatzpläne.

Damit die Mitarbeitenden des Ärztefon für die Aufgaben beim Pallifon vorbereitet sind, hielt Roland Kunz für alle eine ganztätige Weiterbildung ab. Er meint: «Dieses Team hat bereits eine grosse Erfahrung im Telefoncoaching. Das sind beste Voraussetzungen.» Die Beratenden hätten schon bisher immer wieder Menschen in Notsituationen am Telefon gehabt und wüssten sehr gut, wie sie ihnen in solchen Situationen beistehen könnten. Die Idee hinter der separaten Nummer für das Pallifon ist, dass damit eine erste, wichtige Triage bereits gemacht ist. Die Mitarbeitenden des Ärztefon wissen sofort, dass es sich um eine palliative Situation handelt und wie der Notfallplan in solchen Fällen genau aussieht, den die Patienten und Angehörigen von ihrem Betreuungsteam erhalten haben.

Anschubhilfe von privatem Spender

Die Finanzierung von Pallifon ist vorerst für die nächsten zwei bis drei Jahre gesichert. «Wir hatten das Glück, einen grosszügigen privaten Spender zu finden», erklärt Beat Ritschard, Stiftungsrat und Geschäftsleiter der Foundation Zürich Park Side. Darum könne man bereits jetzt mit dem Pilot starten und während dem Betrieb das Projekt weiterentwickeln sowie die langfristige Finanzierung klären. Laut Ritschard zeigen sich einige Krankenversicherer interessiert, das Angebot in ihren Leistungskatalog aufzunehmen. Verhandlungen dazu laufen. Ritschard rechnet mit durchschnittlichen Kosten von ungefähr 165 Franken pro Anruf. – Gegenüber rund 10‘000 oder mehr Franken für eine Hospitalisierung eine bescheidene Summe. Wie sich die Zahl der Anrufe entwickeln wird, kann niemand der am Projekt Beteiligten voraussagen. Man will Ende Jahr erstmals eine Bilanz ziehen. Ritschard betont aber: «Die Weiterführung des Projektes hängt viel weniger von der Anzahl Anrufe ab, als von der langfristigen Finanzierbarkeit des Angebotes.»

Die Versorgung weiter ausbauen

Vorerst bedient Pallifon Gemeinden am linken Zürichseeufer sowie Schwyz – wobei Anrufern aus anderen Regionen die Hilfe natürlich nicht verweigert wird. Man hofft auf das Interesse aus anderen Regionen, um das Angebot weiter ausbauen zu können. Roland Kunz weiss, wohin der Weg führen soll: Pallifon soll langfristig zum nationalen Angebot werden – am besten zu einer dreistelligen Notrufnummer wie die Ambulanz.

Aber auch über die Notrufnummer hinaus möchte Kunz den Elan des entstandenen Projektteams nutzen. So sollen zur besseren Abdeckung in der Region mobile Palliative-Care-Teams entstehen, wo diese noch fehlen. Damit könnte das Pallifon auf ein dichtes Netz an Versorgern zurückgreifen, die vor Ort Hilfe leisten können. Diese «Palliativteams» würden bereits bestehende regionale Palliative Care Angebote ergänzen und mit ihnen zusammen arbeiten. «Vorerst soll aber Pallifon anlaufen und Zeit haben, sich zu etablieren. Dann möchten wir dieses nächste Projekt in Angriff nehmen. Es wird sich dann sicher auch zeigen, wie sich weitere Regionen beteiligen können», so Kunz.
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