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Ärzte sollen übers Lebensende reden

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Menschen möchten von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin frühzeitig, ehrlich und vorausschauend beraten werden. (Bild: fotolia.com, Jeannette Dietl)

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22. September 2016 / Wissen
Die meisten Menschen in der Deutschschweiz wünschen sich, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin sie zu sämtlichen Optionen am Lebensende unvoreingenommen berät und ihnen bis zum Tod beisteht. Das zeigt eine neue Studie, die das LINK-Institut im Auftrag von «Exit» durchgeführt hat.
94 Prozent der befragten Personen verlangen eine neutrale und unvoreingenommene Beratung am Lebensende. Für die Hälfte heisst das auch, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin sie über Sterbehilfe informiert. Diese Ergebnisse präsentierte die Suizidbeihilfe-Organisation «Exit». 84 Prozent der Befragten fordern eine gute palliative Betreuung, 66 Prozent wünschen sich, über die verschiedenen Arten zu sterben informiert zu werden. Gewünscht wird auch von 64 Prozent, dass die Ärztinnen und Ärzte sie über die Leistungen und Angebote von Hilfsorganisationen informieren. Etwa die Hälfte möchte, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin auf Wunsch das Rezept für ein Sterbemittel ausstellt, wobei nur 27 Prozent der Meinung sind, der Arzt oder die Ärztin sollte selber Suizidbeihilfe leisten. In der repräsentativen Untersuchung wurden 1036 Personen über 50 Jahre befragt.
84 Prozent der Befragten fordern eine gute palliative Betreuung.

Der Verein Exit zeigt sich überzeugt, dass mehr Kooperation zwischen den ärztlichen Fachkräften und Sterbehilfeorganisationen gefragt ist. Dem widerspricht der St. Galler Palliativmediziner Daniel Büche in einem Beitrag von Radio SRF in der Sendung «Rendez-vous» vom 20. September. Er findet, Ärztinnen und Ärzte hätten vor allem die Aufgabe, Leben zu unterstützen. Es sei nicht ihre primäre Aufgabe, Patientinnen und Patienten über Suizidbeihilfe zu informieren. Er befürchtet zudem einen Nachahmungseffekt, wenn Menschen sich mit Hilfe einer Organisation das Leben nehmen.

Wunsch respektieren

Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW ist ebenfalls dezidiert der Meinung, Suizidhilfe sei keine ärztliche Tätigkeit, wie sie gegenüber der NZZ äusserte. Jedoch hätten Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall den Entscheid der Suizidhilfe zu respektieren. Die Richtlinien der SAMW zu diesem Thema werden zurzeit überarbeitet. In der Kommission, die an diesen Richtlinien arbeitet, sitzt auch Palliativmediziner und Vorstand von palliative zh+sh Roland Kunz. Gegenüber der NZZ sagt er: «Die genaue Formulierung ist noch offen. Aber in die von Exit geforderte Richtung, Suizidhilfe als freiwillige ärztliche Tätigkeit zu verstehen, wird es gehen.» Nicht nur der Patient habe ein Selbstbestimmungsrecht, sondern auch der Arzt.

Reden über das Lebensende – immer wieder und über lange Zeit

In einem Interview mit SRF News sagte Kunz ausserdem, für ihn steche aus der neuen Studie in erster Linie heraus, dass die Menschen die Erwartung hätten, dass sie von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin frühzeitig, ehrlich und vorausschauend beraten würden. «Was kann während einer Krankheit auftreten, welche Möglichkeiten gibt es für den Patienten – und was will er? Diese Themen müssen laufend angesprochen werden, möglicherweise über Jahre hinweg. Dabei kann Suizidhilfe ein Puzzlestein sein.»