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Fünf Fragen an Markus Feuz

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Markus Feuz

Nach der Ausbildung zum Pflegefachmann folgten mehrere Jahre klinische Pflegetätigkeit in der Akutsomatik. Seit 1991 ist Markus Feuz tätig als Berufsschullehrer im Gesundheitswesen, in der Aus- und Weiterbildung von Pflegefachpersonal und in interdisziplinären Palliative-Care-Lehrgängen. Von 1997 bis 2005 arbeitete er in der stationären Hospizarbeit und von 2006 bis 2012 in der spezialisierten ambulante Palliative Care. Seit 2013 ist er Pflegeexperte APN am Kompetenzzentrum Palliative Care, UniversitätsSpital Zürich.

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06. April 2018 / Region
Damit Betroffene (Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen) palliativ betreut und begleitet werden können, braucht es den Einsatz von Fachpersonen und Freiwilligen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Pallnetz.ch interviewt regelmässig Menschen aus der Region, die in Palliative Care tätig sind und stellt allen dieselben fünf Fragen. Markus Feuz ist Pflegeexperte auf der Palliativstation des Universitätsspitals Zürich und Advanced Practice Nurse (APN) für das Kompetenzzentrum Palliative Care.
1) Wie begleiten Sie Schwerkranke und Sterbende?

Ich begleite, indem ich verstehen will, wen ich begleite. Dazu muss ich gut zuhören können. Denn ich muss ja wissen, was für die betreffenden Menschen wichtig ist. Was brauchen sie? Und dann stellt sich die Frage, ob ich das bieten kann was sie brauchen. Ich kann letztlich immer nur ein Angebot machen. Aber zuhören muss ich dazu. Ich glaube, die Menschen sagen uns immer was sie brauchen. Aber manchmal verstehen wir sie nicht. Darum versuche ich, mit den Menschen, die ich begleite, in eine Art «Schwingung» zu kommen um zu spüren was sie brauchen und auch, ob ich das geben kann. Nicht immer ist das der Fall. Und nicht immer verstehe ich sie. Das gilt es dann auch zuzugeben, dass man einen Menschen einfach nicht versteht oder ihm nicht geben kann was er braucht. Dann ist vielleicht eine andere Person in der Begleitung gefragt. Aber ich will mich zumindest ehrlich darum bemühen, die Betroffenen zu verstehen. Sehr oft gelingt es mir ja auch. Diese Menschen haben oft nicht nur eine lange Krankheits- sondern auch eine lange Kränkungsgeschichte. Und ich glaube, das hängt auch damit zusammen, dass man ihnen nicht immer richtig zugehört hat. Ich bin nur ein kleiner Teil auf einem langen Weg von diesen Menschen. Aber ich versuche, die Lebenswelt dieser Menschen abzuholen.
«Die Patienten kommen bei mir immer zuerst. An zweiter Stelle kommen meine Mitarbeitenden.»

2) Was ist Ihr Ziel bei der täglichen Arbeit?

(Lacht) Ich habe schon Ziele, aber… Also, mein persönliches Ziel ist es, dass ich die wichtigen Dinge erledigen kann. Ich hätte jetzt zum Beispiel ein paar Dinge zu erledigen, die schreien wie wilde Affen. Aber ich werde jetzt zuerst zu meinen Patienten gehen… und lasse die Affen schreien. Die Patienten kommen bei mir immer zuerst. An zweiter Stelle kommen meine Mitarbeitenden. Die brauchen manchmal Support und sie wissen, dass sie zu mir kommen können. Ein anderes Ziel ist auch, dass ich an etwas dran bleibe. Wenn ich etwas tue, dann richtig. Dann bin ich ganz präsent.

3) Was braucht es, damit Sie Ihre Ziele erreichen können?

Mir ist wichtig, dass ich gut in meinem Berufsleben stehe. Mit beiden Beinen. Ich muss mich spüren im Arbeitsalltag und auch merken, wenn ich einmal einen schlechten Tag habe. Also, ich brauche meine Mitte – und ich kenne auch mein Wirkungsfeld. Ich kenne meine Grenzen und meine Kompetenzen. Es gibt Dinge, die ich hier sehe, aber die ich nicht ändern kann. Ich versuche meinen Job gut zu machen, aber das richtig. Dazu ist mir Stabilität auch wichtig. Ich mag Strukturen und ich brauche ein Umfeld, das ich spüre.

4) Welche Begegnung, welches Ereignis hat Sie zuletzt persönlich berührt?

Auf Ebene der Patientinnen und Angehörigen trifft es mich immer am meisten, wenn junge Mütter sterben. Gewöhnen kann man sich bei dieser Arbeit ohnehin an nichts. Aber es ist ein Unterschied, ob ich einen Menschen begleite, der zum Beispiel sagen kann: «Ich hatte ein langes, erfülltes Leben.» - Oder ob ich eine junge Mutter begleite, die ihre Kinder zurücklassen muss. Ich sehe auch die Kinder, die Familie, die zurückbleibt. Und natürlich ganz allgemein wenn junge Menschen sterben. Ich frage mich dann immer, wo ich in diesem Alter stand. Der Tod berührt mich immer, in diesen ganzen 20, 30 Jahren, in denen ich in der Palliative Care arbeite, hat er mich berührt.
Für mich war Gerechtigkeit schon immer wichtig. Und das Leben ist manchmal ungerecht. Das beschäftigt mich immer wieder.
«Ich finde, das System sollte sich dem Bedarf anpassen und nicht umgekehrt. Gesetzespolitisch und finanziell gibt es grossen Handlungsbedarf.»

5) Wo sehen Sie Handlungsbedarf in der Palliative Care?

Die Finanzierung und die Regulierung müssten wohl besser gelöst werden. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass wir noch mehr Fachpersonal ausbilden müssen und bessere Ausbildungen brauchen. Es ist relativ einfach zu erklären, was Palliative Care ist. Aber das System … ! Ich finde, das System sollte sich dem Bedarf anpassen und nicht umgekehrt. Gesetzespolitisch und finanziell gibt es grossen Handlungsbedarf.
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