palliative zh+sh

Sprunglinks/Accesskeys

Wie sieht eine gute palliative Betreuung für Menschen mit Demenz aus?

Wie sieht eine gute palliative Betreuung für Menschen mit Demenz aus?

Weitere Infos

Was brauchen Menschen mit Demenz am Lebensende, wenn sie schon früh erkrankt sind? Wissenschaftler_innen besuchen Betroffene und befragen Angehörige und Pflegepersonal mit standardisierten Fragebögen. (Bild: Fotolia)

Portrait

Weitere Infos zum Thema

Dokumente zum Thema

Video zum Thema

11. Oktober 2017 / Wissen
Menschen mit Demenz haben unterschiedliche Bedürfnisse. Zu vermuten ist insbesondere, dass Menschen, die in jüngeren Jahren an einer Demenz erkranken, nicht unbedingt mit denselben Herausforderungen konfrontiert sind wie jene, die in höherem Alter erkranken. Eine Studie will nun dieser Vermutung auf den Grund gehen. Das Ziel ist eine bessere palliative Versogung für alle Demenzkranken.
Eine neue Studie untersucht, ob in fortgeschrittenen Demenz-Stadien und am Lebensende bei Patienten mit früh einsetzender Demenz andere Probleme und Bedürfnisse vorliegen als bei Patienten mit spät einsetzender Erkrankung. Prof. Janine Diehl-Schmid ist Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie am deutschen Zentrum für kognitive Störungen am Klinikum rechts der Isar. Sie leitet die Untersuchung, die erfassen soll, wie Menschen mit Demenz aktuell palliativ versorgt werden. Die Studie mit dem Namen «EPYLOGE» («Issues in Palliative care for people in advanced and terminal stages of Young-Onset and Late-Onset dementia in Germany») soll Ergebnisse liefern, die Experten dabei helfen, Empfehlungen für eine Verbesserung in der Palliativversorgung von Betrofffenen zu formulieren.
«Es handelt sich um die erste umfassende Untersuchung zur Palliativversorgung von Patienten mit früh einsetzender Demenz weltweit.»

Dazu erheben die Wissenschaftler_innen um Diehl-Schmid nicht nur die körperlichen, kognitiven und psychischen Symptome von Betroffenen, sondern auch, welche medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien oder lebensverlängernde Massnahmen zum Einsatz kommen. Die Studie erfasst zudem, ob und welche Unterschiede es in Lebensqualität, Todesursache und Sterbeprozess gibt. Weiterhin wird erforscht, inwieweit Angehörige in die Therapieplanung und Entscheidungsfindung einbezogen werden. Unterprojekte der EPYLOGE-Studie beschäftigen sich mit der Zufriedenheit der Angehörigen mit der palliativen Versorgung und der Frage, inwieweit Patientenverfügungen bei dieser Erkrankung anwendbar sind. Laut einer Mitteilung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar betreten die Forschenden mit dieser Studie Neuland: «Es handelt sich um die erste umfassende Untersuchung zur Palliativversorgung von Patienten mit früh einsetzender Demenz weltweit.»

Fehlendes Wissen über palliative Versorgung von Demenzbetroffenen

Die Forschenden nehmen aufgrund verschiedener Beobachtungen an, dass bei Menschen, die im Alter von zwischen 40 und 65 Jahren an Demenz erkranken, das Ende ihres Lebens anders verläuft als bei Menschen, die an «Altersdemenz» leiden. «So haben Menschen mit der früh einsetzenden Krankheitsform einerseits weniger körperliche Begleiterkrankungen und sind weniger gebrechlich, andererseits sind sie häufiger verhaltensauffällig oder reagieren anders auf Psychopharmaka als Menschen mit spät einsetzender Demenz. Es ist auch zu vermuten, dass sich die Einstellung der jüngeren Betroffenen und ihrer Angehörigen zum Tod und zu Patientenverfügungen unterscheidet», schreiben sie in ihrer Mitteilung zur Studie. Diehl-Schmid habe zudem festgestellt, dass insgesamt in Deutschland ein grosses Wissensdefizit zur Palliativversorgung von Patientinnen und Patienten mit Demenz bestehe. Einerseits hätten Pflegeheime und deren Personal, die Demenzpatientinnen und -patienten versorgen, wenig Informationen, wie Palliativversorgung bei den Betroffenen eingesetzt werden könne. Andererseits hätten auch in der Palliativversorgung Tätige wenig Erfahrung mit Demenzpatienten.
«Es ist zu vermuten, dass sich die Einstellung der jüngeren Betroffenen und ihrer Angehörigen zum Tod und zu Patientenverfügungen unterscheidet.»

Die Studie schliesst nicht nur Patientinnen und Patienten in Pflegeheimen ein, sondern auch solche, die zu Hause versorgt werden. Ausserdem werden jeweils 100 Patienten mit früh und spät beginnender Demenz im fortgeschrittenen Stadium eingeschlossen. Die Wissenschaftler besuchen die Betroffenen zu Hause oder im Heim, befragen Angehörige und Pflegepersonal mit standardisierten Fragebögen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft ist Projektpartner für die Studie.

Ziel: praktische Empfehlungen für bessere Versorgung

Aus den Ergebnissen sollen Expertinnen und Experten Empfehlungen für eine Verbesserung der Palliativversorgung in Deutschland formulieren. An der Entwicklung dieser Vorschläge wollen die Forschenden Demenzspezialisten, Palliativmediziner_innen, Palliativfachkräfte, Anbieter von spezialisierter und allgemeiner ambulanter Palliativversorgung, Heimärzte, Heimleiter_innen, Patientenvertretungen, Politiker_innen, Versicherer, Angehörige, Patienten, Patientinnen und gesunde Laien beteiligen. «Die Expertenempfehlungen sollen Eingang in die konkrete Versorgungspraxis finden, idealerweise werden die vorhandenen Versorgungsleitlinien entsprechend angepasst», hofft das Team um Diehl-Schmid.
idw 2017/09