palliative zh+sh

Sprunglinks/Accesskeys

Medienschau August 2019

Medienschau August 2019

Weitere Infos

Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: palliative zh+sh, ei)

Portrait

Weitere Infos zum Thema

Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden werden die Links zu den Beiträgen deshalb unter «Links zu den Beiträgen» aufgelistet.

Dokumente zum Thema

Video zum Thema

06. September 2019 / Medien
Wie gehen Väter damit um, wenn das Leben ihres Kindes endet, noch bevor es richtig begonnen hat? Explodieren die Kosten für Langzeitpflege in der Schweiz tatsächlich, wie eine Studie befürchtet, oder werden wir die Finanzierung auch weiterhin im Griff haben, wie der Bundesrat erklärt? Zwei Seelsorger erzählen aus ihrem Klinikalltag, wie Leben und Tod auf der Intensivstation aufeinanderprallen. Und im australischen Bundesstaat Victoria hat die erste Patientin das umstrittene Sterbehilfegesetz in Anspruch genommen: In unserem Blick auf die Medien im August zeigt sich, wie vielfältig die Themen rund um die Palliative Care sind.
Mitte August platzte eine eigentliche Bombe: Neue Zahlen zeigen, wie dramatisch die Betreuungskosten bis 2050 ansteigen. Das stelle auch die Finanzierung in Frage, schreibt der «Tages Anzeiger» (Artikel kostenpflichtig). Die Kosten für die Langzeitpflege werden sich gemäss einer Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen von 16,6 Milliarden Franken auf 31,3 Milliarden verdoppeln. Nebst anderen Faktoren ist der Hauptgrund für diese Entwicklung die immer älter werdende Gesellschaft. Dadurch werden insbesondere die Kantone und Gemeinden finanziell stark belastet. Die Studienautoren befürchten, dass dies früher oder später zulasten anderer Aufgaben gehe, etwa der Bildung oder der Infrastruktur. Sie fordern deshalb neue Finanzierungsmodelle. Nebst einer Steuererhöhung oder einem Modell der individuellen Vorsorge schlagen sie beispielsweise auch die Möglichkeit einer steuerlich geförderten, kapitalgedeckten Zusatzversicherung. Auch eine obligatorische Risikoversicherung wäre denkbar. Der Bundesrat hingegen rechnet erst ab 2030 mit einer Verschärfung und ist überzeugt, dass auch mit der aktuellen Aufteilung die steigenden Kosten finanziert werden können. Die Kosten sind aber nur ein Teil des Problems. Denn auch der Bedarf an Pflegepersonal wird massiv grösser werden. Bis 2030 rechnet die Studie mit 28'000 zusätzlichen Pflegekräfte in Alters- und Pflegeheimen sowie 19'000 in Spitex-Organisationen.

***

Wenn Hilfe vor Ort organisiert ist, könnten 95 Prozent der Sterbenden bis zum letzten Atemzug zu Hause bleiben. Dieser Überzeugung ist die Aargauer Pflegefachfrau Franziska Stenico. Die Palliative-Care-Expertin pflegt Sterbende im Auftrag der Spitex in 38 Freiämter Gemeinden und unterstützt die pflegenden Angehörigen. Diese Aufgabe sei erfüllend und mache sie glücklich, sagt Stenico gegenüber der «Aargauer Zeitung». Oftmals erlebe sie, wie Paare sich in der Sterbephase wieder annäherten. Allein schon die Präsenz von pflegenden Angehörigen sei für Sterbende unglaublich wichtig. Sie rät den pflegenden Angehörigen, sich rechtzeitig Hilfe zu holen und Hilfsangebote auszuschöpfen. Gerade für die gewöhnlichen Hausarbeiten dürfe man sich Entlastung holen. Dadurch gewinne man Zeit, in der man ganz für den sterbenden Menschen da sein könne. Die Sterbebegleiterin wünscht sich wieder mehr Feingefühl in der Gesellschaft für das Sterben. Man rede auch kaum über den Tod. «Es gehört zu meiner Arbeit als Sterbebegleiterin, dass ich zu erklären versuche, dass Sterben zum Leben gehört
«Vier von fünf terminalen Sedierungen finden nicht auf einer Palliativstation statt.» Georg Bosshard, Facharzt und Studienautor

Weit entfernt von diesen Gedanken zeigen sich Untersuchungen zu terminalen Sedierungen. In der Schweiz erlebt fast jeder vierte Mensch sein Lebensende in einem künstlichen Tiefschlaf. Vor 18 Jahren war es noch jeder zwanzigste. Dies das Ergebnis verschiedener Studien Zürich und Genf. Studienautor und Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, Georg Bosshard, erklärt im Interview mit der Online-Plattform «bluewin.ch» - der Text ist zuvor im Magazin der Sterbeorganisation Exit erschienen – die Grenzen der terminalen Sedierung. Eine klassische Indikation liege dann vor, wenn man medizinische Symptome am Lebensende – Atemnot, Schmerzen und Unruhe – auf einem anderen Weg nicht mehr in den Griff bekomme. Zentral dabei sei, die (mutmassliche) Zustimmung des Patienten, keine alternative Option sowie ein Lebensendzustand, bei dem der Patient eine Prognose von wenigen Stunden bis wenigen Tagen hat. Zudem müsse in einem Protokoll festgehalten werden, weshalb, wie lange und mit welchen Substanzen sediert wird, wen man in die Entscheidung einbezogen hat und dass die Sedierung sachgemäss durchgeführt wurde. In seiner anonymen Umfrage bei Ärzten stellte Bosshard fest, dass vier von fünf terminalen Sedierungen nicht auf einer Palliativstation stattfinden. «Palliativmediziner kennen die Thematik in- und auswendig.» Viel schwieriger sei es, wenn jemand etwa in der Urologie Abteilung in einem Spital im Sterben liege. Dann komme es manchmal zu Situationen wie vor 30 Jahren. Man müsse über viel mehr in Pflegeheimen und anderen Abteilungen von Spitälern über terminale Sedierung sprechen. Bosshard, der Mitglied im Ethikrat von Exit ist, hält die terminale Sedierung aus ethischer Sicht für einen schwerwiegenden Entscheid. Es gebe immer wieder Patienten, bei denen die terminale Sedierung lebensverkürzend wirke, da man mit der Sedierung gleichzeitig die künstliche Ernährung und die Zufuhr von Flüssigkeit stoppe. «Grundsätzlich betrachte aber auch ich die terminale Sedierung nicht als eine Form von Sterbehilfe im engeren Sinne, sondern als eine eigene Form einer medizinischen Entscheidung am Lebensende


***

In den nächsten Jahren soll das Oberwallis ein Sterbehospiz erhalten. Noch fehlt allerdings ein geeigneter Standort, wie die «Rhône-Zeitung» berichtet. Der Verein Hospiz Oberwallis Hope hat bereits ein Betriebskonzept für das künftige Hospiz entwickelt. Für die Planung und die Realisierung sind 1,4 Millionen Franken vorgesehen. Pro Jahr sollen für die vorerst zwei geplanten Hospizbetten etwas mehr als 600'000 Franken an Betriebskosten anfallen. Nebst Unterstützung durch den Kanton Wallis und Beiträgen von mehreren Oberwalliser Gemeinden, wurde ein Gönnerklub gegründet. Zudem soll ein Crowdfunding-Aktion lanciert werden. Klar sei auch, dass man auf Spenden und Freiwilligenarbeit angewiesen sein werde, um das Hospiz zu betreiben, erklärt die Geschäftsführerin des Vereins Hospiz Oberwallis Hope, Caroline Walker Miano. Acht Hospize gibt es bereits in der Schweiz. Fünf weitere sind in Planung, nebst jenem im Oberwallis, soll auch Sitten ein Sterbehospiz erhalten.
Auf ihren Trikots tragen die Väter die Namen ihrer verstorbenen Kinder.
Fussballclubs wollen in erster Linie Tore schiessen, um in die nächste Liga aufzusteigen oder Meister zu werden. Nicht so der englische Club Sands United. In dieser Mannschaft spielen Väter, die kurz vor oder nach der Geburt Kinder verloren, wie der «Tages Anzeiger» schreibt (Artikel kostenpflichtig). Auf ihren Trikots tragen die Väter die Namen ihrer verstorbenen Kinder. Und sie tauschen sich immer wieder über ihre Gefühle und Erlebnisse aus. Ziel des Fussballclubs ist, das Tabu zu brechen, über verstorbene Kinder zu reden und den Männern bei ihrer Trauerarbeit zu helfen. Wenn man sich hier öffne, merke man, dass man nicht der einzige sei, der so etwas durchmache, sagt einer der Kicker von Sands United. Die Erinnerung an die Kinder wird bewusst lebendig gehalten, indem jedes Spiel einem verstorbenen Kind gewidmet wird.

***

Angst, Atemnot, Schmerzen, Erschöpfung – diese Symptome sind häufig bei schwerkranken Menschen. Nicht immer sind jedoch Medikamente nötig, um solche Symptome zu lindern. Auf der Palliativabteilung im Frankfurter Krankenhaus sind zwei Therapiehunde im Einsatz. Vitesse und Todd kommen zwei Mal pro Woche zu Besuch und sorgen dafür, dass sich die schwerkranken Menschen wieder mehr wie Menschen fühlen und weniger als Patienten, wie die «Hessenschau» berichtet. Ein Tier werte nicht, sagt die Hundebesitzerin Anne Wittmann. Es sage nicht: ‘Frau Schenk hat jetzt keine Haare mehr, die mag ich nicht.’ «Das ist dem Hund völlig egal, er gibt einfach seine Liebe.» Nach eineinhalb Jahren zieht die verantwortliche Oberärztin eine positive Bilanz, nicht nur wegen der vielen begeisterten Rückmeldungen von Patienten und Patientinnen sowie Angehörigen. Viele der eingangs erwähnten Symptome hatten nach der Therapiesitzung jeweils deutlich abgenommen.

***

Bayern will gemäss dem deutschen «Ärzteblatt» seine Hospiz- und Palliativangebote massiv ausbauen. Ziel ist es diese Angebote letztendlich zu verdoppeln, wie die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml ankündigte. Budgetiert sind dafür jährlich über 2,1 Millionen Euro – das sind 1,2 Millionen mehr als im Vorjahr. Derzeit gibt es im deutschen Bundesland derzeit an 111 Krankenhäusern stationäre palliativmedizinische Versorgungsstrukturen. 51 Krankenhäuser verfügen über eine Palliativstation mit 476 Palliativbetten. In 60 Spitälern ist ausschliesslich ein palliativmedizinischer Dienst tätig. Zudem kann Bayern auf 45 Teams in spezialisierter ambulanter Palliativversorgung für Erwachsene sowie sechs Teams für Kinder und Jugendliche zählen. Insbesondere im stationären Bereich soll die Zahl der Palliativbetten steigen. Ein Ausbau ist auch bei den palliativmedizinischen Diensten geplant, um schwerstkranken Menschen eine hochwertige Versorgung – möglichst durch wohnortnahe Angebote - zu ermöglichen, wie die Ministerin erklärte.
«Wir dürfen nicht im Leid der Angehörigen versinken.» Reinhard Henrich, Seelsorger im Frankfurter Klinikum Höchst

Sie rennen nicht weg, auch wenn es heftig wird. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» porträtiert zwei Seelsorger, die am Frankfurter Klinikum Höchst tätig sind. Dann, wenn die Angehörigen auf der Intensivstation die schlimmste aller Nachrichten erhalten, sind sie da, beruhigen, nehmen in den Arm, lassen das Heulen zu, wie Thomas Hammer und Reinhard Henrich erzählen. Wichtig sei dabei, dass sie selbst einen gewissen Abstand bewahren. «Wir dürfen nicht im Leid der Angehörigen versinken.» Im Abschiedsraum, wo die Verstorbenen zum Abschiednehmen hingebracht werden, in den Seelsorgebüros, am Krankenbett oder in einer Sitzecke am Haupteingang, hören die Seelsorger zu, halten die Hand, sind da. Nicht nur für kranke Menschen oder deren Angehörige, auch die Klinikmitarbeitenden, die «ihr Letztes geben» , brauchen Ansprechpersonen. Gläubig seien längst nicht alle, die mit ihnen das Gespräch suchen. Neulich habe ein Atheist gesagt, er wolle mit Kirche und Gott nichts zu tun haben – «aber bleiben Sie mal da».

***

Auguste Deter, die erste Alzheimerpatientin hat in Frankfurt ein Denkmal erhalten. Eine Skulptur aus Stahl, geschaffen vom Schwarzwälder Künstler Bruno Feger, stellt eine nach mehreren Seiten geöffnete Kartonschachtel dar, die jeden Moment einzusacken droht. Das «Haus der Winde» hat der Künstler sein Werk benannt. Es steht auf einem Sockel am Westend-Campus auf dem Gelände der Goethe-Universität Frankfurt. Dort war einst die «Städtische Anstalt für Irre und Epileptische» untergebracht, in die Auguste Deter am 25. November 1901 von ihrem Ehemann gebracht wurde. Oberarzt Alois Alzheimer diagnostizierte bei ihre erstmals die Krankheit, die später nach ihm benannt wurde. Sinn des Denkmals ist, nicht nur den Arzt zu würdigen, sondern auch der ersten Alzheimerpatientin ihre Würde und Integrität zurückzugeben, wie die «Frankfurter Rundschau» den Stifter des Werkes, Rudolf Dederer, zitiert. «Wenn die Form nichts mehr hält und der Mensch völlig seiner Identität entleert ist, bleibt trotzdem zu erkennen, was er war.» Im Sockel des Denkmals sind Geschirrscherben aus der einstigen Klinik, im Volksmund «Irrenschloss» eingelassen. Sie stehen sinnbildlich für die Bruchstücke einer ehemaligen Existenz.

***

Kathy Brandt ist tot. Acht Monate nach der Diagnose ist die Palliative-Care-Expertin Anfang August an ihrer Krebserkrankung gestorben, wie das Online-Portal «Kaiser Health News» meldet. Die 54-jährige US-Amerikanerin verzichtete aufgrund der schlechten Prognose auf eine chemotherapeutische Behandlung und entschied sich – entgegen dem Rat ihrer Ärztinnen und Ärzte – für Palliative Care. «Wenn es mein Leben nicht rettet, warum sollte ich das alles auf mich nehmen, nur um einen zusätzlichen Lebensmonat zu gewinnen, der zudem noch leidvoll wäre?», sagte Brandt im April. Brandt, die sich zudem für Hospiz- und Palliativpflege für LGBTQ-Patientinnen und -Patienten engagierte, teilte ihre letzten Lebensmonate in den sozialen Medien, unterstützt von ihrer Ehefrau Kimberly Acquaviva. Damit wollten die beiden Palliative-Care-Expertinnen anderen Betroffenen Mut machen und den Sterbeprozess entmystifizieren.
Naturkatastrophen, Flugzeugabstürze, Brände oder Terroranschläge bleiben uns eher im Gedächtnis, weshalb sie uns mehr ängstigen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören zu den häufigsten Todesursachen. Terror und Tötungsdelikte sorgen aber für deutlich mehr Angst, wie der österreichische «Standard» schreibt. Wenn es darum geht, Risiken einzuschätzen, mache unser Gehirn jede Menge Fehler. Marginale Gefahren würden überbewertet, tatsächliche jedoch unterschätzt. Untersucht wurden Google-Anfragen zu den häufigsten Todesursachen. Krebs, Herzinfarkt oder andere Herzerkrankungen tauchen nur in 18 Prozent der Suchanfragen auf. Die Wahrscheinlichkeit, ermordet zu werden oder durch einen Terroranschlag ums Leben zu kommen, ist in Österreich – und wohl auch hierzulande – praktisch null, machen aber dennoch zehn, respektive knapp sieben Prozent der Suchanfragen aus. Wir fürchten uns also vor dem Falschen. Dieses Verhalten liegt unter anderem darin begründet, dass Medien und soziale Netzwerke in erster Linie das Aussergewöhnliche festhalten. Mord und Totschlag sind entsprechend überrepräsentiert. Naturkatastrophen, Flugzeugabstürze, Brände oder Terroranschläge bleiben uns eher im Gedächtnis, weshalb sie uns mehr ängstigen. Kommt hinzu, dass uns Gefahren, die wir nicht kontrollieren können, weitaus mehr ängstigen. «Das Risiko, das uns umbringt, ist nicht unbedingt das Risiko, das uns ängstigt», hat ein US-amerikanischer Forscher dieses Verhalten einmal zusammengefasst. Der Artikel schliesst mit der Tatsache, dass 60 Prozent aller Todesfällte mit vier Lebensstilfaktoren zusammenhängen: Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel und falsche Ernährung, und rät, dies bei der nächsten Google-Suche zu berücksichtigen.

***

Im australischen Bundesstaat Victoria hat mit Kerry Robertson erstmals eine unheilbar Erkrankte das erst vor kurzem in Kraft getretene Sterbehilfe-Gesetz in Anspruch genommen. Ihren Antrag hatte die Australierin bereits an jenem Tag eingereicht, als das neue Gesetz verabschiedet worden war, wie «n-tv» berichtet. Robertson hatte sich im März dieses Jahres gegen weitere Behandlungen entschieden, weil die Schmerzen und Nebenwirkungen unerträglich geworden waren. 2010 hatte sie die Diagnose Krebs erhalten. Das Genehmigungsverfahren dauerte 26 Tage, dann erhielt die 61-Jährige das tödliche Medikament. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Patient eine Lebenserwartung von weniger als sechs Monaten hat. Das Medikament muss der oder die Sterbewillige selbst einnehmen.
Krebserkrankungen sind mit über 76 Prozent der häufigste Auslöser, dass Menschen in den US-Staaten Oregon und Washington ärztliche Sterbehilfe in Anspruch nehmen.

Ähnlich das Gesetz in den beiden US-amerikanischen Bundesstaaten Oregon und Washington, das sterbenskranken Menschen mit einer Lebenserwartung von weniger als einem halben Jahr erlaubt, von ihren Ärzten Medikamente zu erhalten, um sich selbst das Leben zu nehmen. Seit Inkrafttreten des Gesetzes 2007 in Oregon respektive 2009 in Washington, ist die Zahl der Menschen, die so aus dem Leben schieden, stetig angestiegen. Insgesamt haben 3368 Patientinnen und Patienten von ihren Ärzten die Medikamente erhalten, aber nur drei von vier haben das Medikament eingenommen, wie das deutsche «Ärzteblatt» schreibt. Gemäss einer Analyse haben überwiegend Menschen europäischer Herkunft mit höherem Bildungsstand die ärztliche Sterbehilfe in Anspruch genommen. Krebserkrankungen sind mit über 76 Prozent der häufigste Auslöser, an zweiter Stelle folgen mit 10,2 Prozent neurologische Erkrankungen wie ALS.

***

Ganz anders der Sterbehilfefall einer schwer demenzkranken Frau, der bereits 2016 in den Niederlanden passierte. Inzwischen steht die damals verantwortliche Ärztin vor Gericht. Sie verabreichte der Patientin, die den Sterbewunsch in einem frühen Krankheitsstadium geäussert hatte, ein Beruhigungsmittel, das aber nicht richtig wirkte. Die Patientin erwachte wieder. Deshalb bat die Ärztin die Angehörigen, die Frau bis zur Vollendung der Sterbehilfe festzuhalten. Sie habe sich nicht an die strikten Richtlinien gehalten, erklärte die Staatsanwaltschaft. Möglicherweise hätte die Frau es sich noch einmal anders überlegt, denn sie sei in einem Zustand der Verwirrung gewesen. Sterbehilfe ist in den Niederlanden seit 2002 legal, allerdings nur, wenn der Patient den Antrag bei vollem Bewusstsein stellt, unheilbar erkrankt ist und unter unerträglichen Schmerzen leidet. Jeder Fall muss von einer Kommission geprüft und genehmigt werden. Der Fall ist laut der Online-Zeitung «Die Presse» der erste seiner Art. Eine klare Antwort liefert das Gesetz nicht.
palliative zh+sh, Gabriela Meissner