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Medienschau Dezember 2014

Medienschau Dezember 2014

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«Medienschau» von palliative zh+sh: Ein Überblick über die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen. (Bild: palliative zh+sh)

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Unter dem Titel «Medienschau» liefert palliative zh+sh regelmässig einen (unvollständigen) Überblick über die Berichterstattung in verschiedenen Medien zu Palliative Care und verwandten Themen. Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden, werden die Links zu den Beiträgen deshalb hier aufgelistet.

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08. Januar 2015 / Medien
Die Onlineplattform des Free Lance-Star (Virginia, USA) zitiert einen Bericht des «Institute of Medicine», wonach die Mehrheit der Amerikaner_innen die Planung des eigenen Lebensendes vor sich herschiebe. Dabei sollte laut dem Bericht eine solche Planung frühzeitig und regelmässig passieren. Das Herzstück der Planung seien regelmässige Gespräche mit Familienmitgliedern und möglichen Betreuenden. «Honest conversations are the key to dying well», heisst es im Beitrag. Auch Palliative Care frühzeitig in Anspruch zu nehmen, könne vieles erleichtern.

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Auf die Wichtigkeit derselben Thematik weist ein Meinungsbeitrag der CEO und Präsidentin der «Hospice Foundation of America» auf dem Online-Portal NJ.com in New Jeresey hin. Ein Gespräch über das Ende des Lebens mit Familienmitgliedern sei wichtig. Genauer: Mit den eigenen, alternden Eltern. Eine offene und ehrliche Diskussion mit seinen Eltern zu haben, um ihre Wünsche und Präferenzen für das Ende ihres Lebens zu führen, sei ein Geschenk von unmessbarem Wert, so die Autorin. Zu viele Erwachsene, meint sie, würden mit einem solchen Gespräch warten, bis die Eltern bereits am Sterben seien oder mitten in einer Krise steckten. Aber dies seien genau die schlechtesten Zeiten, um solche Gespräche zum ersten Mal zu führen. Darum wird in diesem Beitrag auf eine Website hingewiesen, die eine Art Leitfaden für ein solches Gespräch liefert. Das «Starter Kit» auf TheConversationProject.org könne insbesondere dort eine Hilfe sein, wo Gesprächspartner_innen sich schwertun, sich auf ein Gespräch übers Sterben und das Lebensende einzulassen.

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Im Führen von schwierigen Gesprächen hat die Medizinethikern Tanja Krones Übung. Die Geschäftsführerin des Komitees für klinische Ethik am UniversitätsSpital Zürich wurde von der NZZ porträtiert. Krones unterstützt ihre Kolleginnen und Kollegen in schwierigen Entscheidungssituationen. «Wir helfen, die Argumente zu sortieren und im Austausch mit Ärzten, Angehörigen und Pflegenden die beste Lösung zu finden», sagt sie. Im NZZ-Bericht betont sie, der Aufbau einer palliativen Grundversorgung am Ende des Lebens sei vordringlich. Denn wenn die nötigen Strukturen vorhanden seien, steige die Lebensqualität. Advance Care Planning (ACP) ist für sie besonders wichtig und ihre Erfahrungen zeigen, dass ACP-Patienten und -Patientinnen sich sehr ernst genommen fühlen.

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In der «Zeit» schreibt derweil ein deutscher Arzt – ebenfalls Mitglied eines klinischen Ethikkomitees im Krankenhaus – in einem Leserartikel, wichtig sei, dass die bestehenden palliativmedizinischen Einrichtungen und Strukturen bekannt gemacht, genutzt und gefördert würden. Und vor allem sei zunächst entscheidend, «dass in unserer Gesellschaft das Sterben als Teil des Lebens anerkannt wird. Was es brauche, sei Hilfe beim Sterben statt Hilfe zum Sterben. Darum brauche Deutschland keine gesetzliche Regelung der aktiven Sterbehilfe, sondern «vielmehr eine Stärkung aktiver Sterbebegleitung».

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Die Palliative Care als wichtige Stütze für Menschen mit chronischer Krankheit beschrieb kürzlich auch das «Wall Street Journal». Der Bericht zeigt auf, wie Palliative Care lange vor dem eigentlichen Lebensende Betroffene unterstützen kann. So zitiert das Journal eine Spezialistin, die sagt, die meisten Menschen, die Palliative Care brauchen, seien eigentlich nicht sterbend, sondern haben eine oder mehrerer chronische Krankheiten, mit der sie allenfalls noch viele Jahre leben werden. Palliative Care Teams könnten, so der Bericht, neben dem Erbringen von Schmerzmanagement und emotionalem Support auch dabei helfen, sich im Gesundheitssystem zurecht zu finden, Entscheidungen über Betreuungen und Behandlungen zu treffen und zu verstehen, was die Leiden noch mit sich bringen mögen, während sie fortschreiten. Diese Feststellung wird auch durch Aussagen Betroffener unterstrichen.

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Palliative Care ist zwar Teil des Rechts auf Gesundheit, wie es die Vereinten Nationen anerkennen, doch der Zugang zu Palliative Care sei in Wirklichkeit viel zu selten gewährleistet, schreibt Kate Jackson auf ehospice.com. Die Länder seien jeweils schnell im Verlängern von internationalen Abkommen über Menschenrechte. Doch es gebe keine Durchsetzungsinstanz, weshalb die Realisierung solcher Abkommen bei vielen Regierungen nicht Priorität geniesse. Darum sei es wichtig, öffentlich und aus dem Blickwinkel von Patient_innen Beispiele zu erzählen, um zu erreichen, dass Regierungen ihren Pflichten nachkämen und in Sachen Recht auf Palliative Care Ernst machten.

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In Nordrhein-Westfalen soll derweil die Versorgung möglichst breit abgestützt werden. Und zwar, indem das spezialisierte Wissen aus Hospizen und palliativen Netzwerken in die Pflegeheime findet. Darüber berichtete die «Welt». Denn viele Deutsche sterben in Pflegeheimen, wo jedoch spezialisierte Kenntnisse in Palliative Care oftmals fehlen. Den Wissenstransfer hat darum die Gesundheitsministerin Barbara Steffens beschlossen. Ihr Plan überzeugt aber nicht ganz alle: Die Deutsche Stiftung Patientenschutz meint, mit 500'000 Euro, wie in Steffens Plan vorgesehen, lasse sich die mangelnde Personal- und Facharztversorgung in den Pflegeheimen nicht beheben. Tatsächlich müsse eine neue Pflegestufe für Sterbende eingeführt werden. «Die wird aber eine Milliarde Euro kosten», wird die Stiftung zitiert.

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Vom Fachwissen handelt der berührende Beitrag «Letzte Hilfe» im Magazin der Süddeutschen Zeitung nicht. Aber von Begleitung auf dem letzten Lebensweg und von der Perspektive einer Pflegenden. Genauer: Einer «Care Migrantin», die in Deutschland alte Menschen pflegt. Die Polin wohnt bei den Menschen, bis diese sterben. Der Erfahrungsbericht lässt Fragen nach einer spezialisierten Versorgung komplett offen. Dafür bietet er Einblick in ein Leben, wie es manche Pfleger_innen älterer Menschen leben. «Ein Erfahrungsbericht über Nähe und Einsamkeit, über Liebe und Abschied», heisst es im Vorspann zum Bericht. Der Artikel hält, was er verspricht.

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Auch die «Zeit» publizierte einen eindrücklichen Bericht aus ungewohnter Perspektive. Es ist der Bericht eines Mannes, der zuerst seine Frau und danach sein kleines Kind verliert. Beide litten an Krebs. Der Berliner Rechtsanwalt schildert seine Geschichte so nachvollziehbar, dass auch die Emotionen, die nicht zur Sprache kommen, spürbar werden. Ein Bericht, für den man sich Zeit nehmen sollte.

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Ebenfalls von todkranken Kindern erzählt ein Bericht der Deutschen Ärzte Zeitung unter dem Titel «Hier wird vor allem gelebt». Das Porträt des Kinderhospiz’ Löwenherz führt die Lesenden in ein Haus voller Leben. Das Kinderhospiz soll es Eltern und Kindern ermöglichen, sich von ihrem schweren Alltag zu erholen. Man hat hier Zeit für sie. «Auch wenn wir alle Patienten an einem Tag sehen, können wir uns für jeden eine Stunde Zeit nehmen. Daran ist im Krankenhaus überhaupt nicht zu denken», wird Mario Scheer zitiert, der zusammen mit einer weiteren Kinderärztin regelmässig im Kinderhospiz Dienst hat.

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Eine stimmungsvolle Radiosendung wurde im «Doppelpunkt» von SRF1 ausgestrahlt. «“Ich bin eine Witwe mit Mann“: Leben mit Demenzkranken» erzählt vom Alltag von Angehörigen Demenzkranker. Von ihrer täglichen Verzweiflung und von ihren ganz persönlichen Wegen: Der Ehemann lebt zwar noch, aber er erkennt seine Frau nicht mehr. Die Tochter pflegt ihre demente Mutter, aber diese begrüsst sie jeden Morgen, als wäre sie eine Fremde. Zu Wort kommen im Beitrag auch Fachleute. Sie zeigen auf, wie auch ein Leben mit einem Demenzkranken lebenswert sein kann, wie Angehörige Zuversicht und seelische Widerstandskraft gewinnen und die eigene Trauer und die Widersprüchlichkeit im Leben mit Demenzkranken akzeptieren können.

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Auch die Sendung «Kontext» von Radio SRF2 widmete sich dem Thema Demenz – aus Anlass des auf Deutsch erschienen Buches der amerikanischen Psychiatrieprofessorin Pauline Boss, die den Begriff «abiguous loss» kreierte. Über dieses Konzept des «uneindeutigen Verlustes», wie ihn Angehörige von Demenzkranken erleben, spricht «Kontext» mit der Schweizer Geriaterin Irene Bopp-Kistler. Diese bezeichnet pflegende Angehörige als «Schattenarbeiterinnen und Schattenarbeiter». Sie sind stark belastet – durch den uneindeutigen Verlust ebenso wie durch die Arbeit, den Verlust des persönlichen Umfelds, der oftmals mit der Pflege für ihre Liebsten einher geht, etc. Sie rät: Pflegende Angehörigen sollen zwar helfen und unterstützen, aber sie sollten auch Hilfe und Unterstützung annehmen. Ein vielschichtiger und informationsreicher Beitrag.

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Ebenfalls in der Sendung «Kontext» strahlte SRF2 Kultur eine Sendung über die vielen Betroffenen von Suiziden aus. Mit den vielen Betroffenen sind Angehörige, Freunde, professionelle Helfer_innen und all jene gemeint, die mit dem Suizid in irgendeiner Weise zu tun haben. Der Beitrag handelt davon, was Hinterbliebene bewegt: Meist Gefühle von Schuld und Wut. Und der Beitrag fragt auch, wie Suizide verhindert werden können. Bewegend sind die Erzählungen einer Frau, die kürzlich zusammen mit ihrer Schwester den begleiteten Suizid ihrer Mutter miterlebte. «Wir waren ziemlich perplex», sagt sie. «Ich konnte lange nicht glauben, dass sie das wirklich getan hatte.» Sie hätten die Entscheidung der Mutter akzeptiert, erzählt sie. «Aber wir haben es nicht wirklich befürwortet.» Und sie sagt: «Ich habe meine Mutter verstanden, ich kann sie verstehen, daran liegt es nicht. Aber es gibt eben auch noch weitere Gefühle dahinter. Und mit denen lebe ich jetzt.»

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Ein ganz anderer Beitrag auf ehospice.com handelt von der Macht der Sprache in Zeiten von Krankheit. Elena Semino, Linguistikprofessorin an der Lancaster Universität, schreibt darin über eine Untersuchung über Metaphern für Krebs und Lebensende. In der Untersuchung analysierte sie mit ihrem Team die Sprache, die Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Krebs nutzen, aber auch die Sprache von pflegenden Angehörigen und professionellen Betreuenden. «Die Mitglieder aller drei Gruppen nutzen regelmässig eine Vielfalt von Metaphern, um ihre Sichtweisen, Gefühle und Herausforderungen zu beschreiben», lautet die Schlussfolgerung aus der Analyse. Die Wirkung der Metaphern sei derweil unterschiedlich. Gewisse Metaphern seien für gewisse Betroffene eher belastend, andere unterstützend. Derweil sei keine Metapher immer schlecht oder immer gut. Wichtig sei es darum, dass Patienten und Patientinnen ermutigt würden, Metaphern zu nutzen, die für sie am besten funktionierten, so Semino. Sie ist zusammen mit ihrem Team dabei, eine Art «Menukarte» von möglichen Metaphern zusammenzustellen.
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