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Medienschau Januar 2022

Medienschau Januar 2022

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: gme)

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Die Medienschau von palliative zh+sh ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden werden die Links zu den Beiträgen deshalb unter «Links zu den Beiträgen» aufgelistet.

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21. Februar 2022 / Medien
Wie erlebten Hospize in der Schweiz die Corona-Zeit? Wie ging man mit Vorsichtsmassnahmen und Regeln um, wenn Familienmitglieder ihre sterbenden Angehörigen besuchen wollten? Dies ist ein Thema unserer Medienrückschau vom Januar. Und dann: Die Politik tut sich schwer mit der Palliative Care für Kinder und Familien. Dies zeigt einmal mehr der kürzlich gefällte Entscheid des Grossen Rates des Kantons Basel.
In den Altersheimen, Spitälern und einigen Hospizen ist es in den letzten zwei Jahren nicht mehr selbstverständlich gewesen, dass Angehörige ein- und ausgehen konnten. Corona sorgte vielerorts für Einschränkungen: Verkürzte Besuchszeiten oder gar keine, Beschränkungen für die Anzahl Besuchender, Maskenpflicht oder Testpflicht. Wie Dieter Hermann, Geschäftsführer des Hospiz Aargau gegenüber der «Aargauer Zeitung» sagte, versuche man im Hospiz Brugg, den Patientinnen und Patienten gerecht zu werden, aber auch den Angehörigen nicht unnötig Steine in den Weg zu legen. Die Besuchenden mussten sich zwar registrieren und symptomfrei sein, sich an Abstands- und Hygieneregeln halten, aber sie waren jederzeit willkommen. Im Hospiz gilt laut dem Geschäftsführer Maskenpflicht bis zum Patientenzimmer, dort dürfe die Maske abgenommen werden. Weder die Belegschaft noch die Patientinnen und Patienten des Hospizes wurden je mit dem Corona-Virus infiziert. «Wir hatten diverse Anfragen bezüglich Verlegung von Spitalpatienten ins Hospiz aufgrund des uneingeschränkten Besuchsrechts», sagt Dieter Hermann. «Allerdings halten wir an unseren Aufnahmekriterien auch in solchen Zeiten fest». So habe man in Brugg nur Personen mit einem progredienten Krankheitsverlauf in der letzten Lebensphase begleitet. Deshalb bewegte sich das Arbeitsaufkommen für das Personal im üblichen Rahmen.

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Einen anderen Weg hat man im Altersheim Geserhus in Rebstein gewählt. Bei Engpassen in Spitälern hat man externe Covidpatienten aufnehmen wollen, wie das «Tagblatt» schreibt. Seit Mitte Dezember besteht die Möglichkeit, in Geserhus-Zimmern Patientinnen und Patienten zu betreuen und zu isolieren, wenn sie an Corona erkrankt, aber nicht mehr spitalbedürftig sind. Das Angebot im Rheintal ist bisher eine Ausnahme. Eine erste Patientin wurde aufgenommen. Sie war in ordentlichem Allgemeinzustand, aber noch sehr geschwächt. Leichte Pflege und Betreuung während der Isolation, lautete der Auftrag an die Angestellten. Als Grund für dieses Angebot gibt der Geschäftsführer Laurent Déverin den Solidaritätsgedanken an, Professionalität und das Anliegen, keine Triage nach Diagnosen durchführen zu müssen. Natürlich schürt es auch Ängste, wenn Covid-Kranke in einem Heim betreut werden. Könnte das Risiko nicht steigen, dass sich andere Patienten im Geserhus anstecken? «Selbstverständlich spielt das in unseren Überlegungen eine Rolle», sagt Laurent Déverin. Das Risiko sei allerdings kleiner als bei einem zufällig positiven Befund, da die Person direkt isoliert werde und sich nicht vorgängig im Heim bewegt habe.
«Ein Thema, über welches am Familientisch selten gesprochen wird»

Drei Frauen, die mitten im Leben stehen, wollen zusammen das Tabu um das Thema Tod brechen. Gemeinsam lancieren sie in diesem Monat in Wil die Vortragsreihe «Am Ende des Lebens», wie das «Tagblatt» berichtet. Die Vorbereitung auf die letzte Lebensphase und über den Tod hinaus ist mit vielen Fragen und Unsicherheiten behaftet. «Aus Erfahrung weiss ich, dass das Thema Tod am Familientisch nur selten besprochen wird», sagt Elisa Hartmann. Zusammen mit ihrem Mann betreut sie Menschen zu Lebzeiten, wenn es um Vorsorgeaufträge oder Patientenverfügungen geht. «Die eigenen Dinge zu regeln, ist der letzte grosse Liebesdienst, den man seinen Angehörigen und Liebsten erbringen kann.» Dass Sterbende und Angehörige bis zum Schluss liebevoll umsorgt werden, ist das Anliegen von Claudia Gehrig. Die gelernte Pflegefachfrau hat auf der Palliativabteilung eines Spitals erlebt, wie wertvoll die Betreuung in der letzten Lebensphase ist. «In dieser Zeit kann ich so viel noch tun für den Sterbenden», sagt Gehrig. Oft können Herzenswünsche besprochen und erfüllt werden. Die 45-jährige Ritualgestalterin Brigitte Gübeli ist die dritte Frau im Bunde. Sie ist darauf spezialisiert, Übergänge im Leben persönlich und würdevoll zu gestalten. Mit ihrer Vortragsreihe möchten die drei Frauen den Teilnehmenden Impulse geben, über das Thema Sterben und Tod intensiver nachzudenken.
Infos zum Kurs: www.am-ende-des-lebens.ch
«Die Arbeit im Hospiz macht mehr Spass als in einem Gault-Millau-Restaurant»

Jeremias Muggli bekocht Menschen in den letzten Tagen ihres Lebens. Mit Gerichten könne er schöne Erinnerungen wecken, sagt der Koch in einer Reportage des Regionaljournals Zentralschweiz. Seit zwei Jahren werden im Luzerner Ortsteil Littau Menschen auf den letzten Schritten ihres Lebens begleitet. Es sind hochbetagte und kranke Menschen, die sich nicht mehr mit der Heilung ihrer Krankheiten befassen, sondern akzeptiert haben, dass sie wahrscheinlich bald sterben werden. «Das Essen ist ein wichtiger Fixpunkt im Tage dieser Menschen», sagt Jeremias Muggli. Er kocht seit einem Jahr im Hospiz und das mit grossem Engagement und Herz. Die Krankheit könnten die Menschen nicht lenken, nicht mehr selbst festlegen, wie es weitergeht. «Aber was man isst, kann man selber bestimmen.» Interessanterweise seien es nicht Gerichte, welche besonders aufwendig oder teuer wären. «Meist sind es klassische Schweizer Gerichte, welche die Bewohner an ein bestimmtes Erlebnis erinnern», sagt Muggli. Etwa eine Apfelrösti, welche an Mutters Kochkünste erinnere. Die Wertschätzung und Dankbarkeit, welche der erfolgreiche Spitzenkoch im Hospiz Zentralschweiz erfährt, sei unbezahlbar und habe ihm die Augen geöffnet, was wirklich zähle im Leben. Und so macht ihm die Arbeit im Hospiz auch weitaus grössere Freude als jene im Spitzenrestaurant.

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Der Verein «Mehr Leben» engagiert sich seit Ende 2017 für ein Palliativzentrum als Mehrgenerationenhaus in der Stadt Basel. Dort könnten sterbende Kinder und ihre Familien untergebracht werden. Nun hat der Grosse Rat dem Vorhaben von Joel Thüring (SVP) einen Riegel geschoben. Knapp mit 48 zu 41 Stimmen bei 3 Enthaltungen lehnte der Rat den Anzug (Vorstoss) ab. Das Projekt hätte sich an Menschen gerichtet, welche aus der Stadt Basel, aus der Region Nordwestschweiz und aus dem angrenzenden Gebieten in Deutschland und Frankreich kommen. Palliative Care habe eine grosse Bedeutung, das sei unbestritten, sagte Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Mitte). Der Regierungsrat sei aber zum Schluss gekommen, dass das Angebot an stationärer Palliative Care im Kanton Basel-Stadt sowohl für Erwachsene wie auch für Kinder ausreichend vorhanden sei. Er sehe keinen Bedarf an einem weiteren Ausbau des Angebots. Zahlreiche Votanten waren aber nicht der Meinung des Regierungsrates und bekräftigten, dass es im Angebot an Palliative Care grosse Lücken gebe. Diese müssten geschlossen werden – am besten gleich auf Bundesebene, meinten die Einen. Andere wollten das Basler Projekt so bald wie möglich umsetzen. Schliesslich schrieb der Rat den Anzug knapp ab. Das Positive - wenn man denn von positiv sprechen könne in diesem Zusammenhang - sei, dass es im Bewusstsein der Leute ankomme, dass es auch schwerkranke Kinder gebe, die auf palliative Betreuung angewiesen seien, meinte Antragssteller Joel Thüring.
«Das Thema Kindstod ist ein Tabu in unserer Gesellschaft»

Auch die Reportage vom Internetportal Watson zeigt, dass Palliative Care bei Kindern noch immer einen schweren Stand hat. Das Thema Kindstod ist ein Tabu in unserer Gesellschaft, ein Thema, das wir lieber bei Seite schieben. Eine berührende Reportage erzählt die Geschichte von Neira, ihrer Zwillingsschwester und ihren Eltern. Vor bald zwei Jahren musste die Familie Abschied nehmen von Neira, fünf Jahre kämpfte die Familie um sie. Kurz vor dem fünften Geburtstag verlor Neiras Herz den Kampf. Sie litt an Lungenhochdruck. Menschen mit einer «pulmonalen Hypertonie», wie die chronische Krankheit in der Fachsprache heisst, haben verengte Lungengefässe. Das Herz muss deshalb viel stärker pumpen, um mit genügend Sauerstoff versorgt zu werden. Und so wurde Neiras Herz immer schwächer, das ständige Pumpen überlastete es. Bereits kurz nach der Geburt musste Neira am Herzen operiert werden. Der Zwillingsschwester geht es gut. Nach 15 Monaten merkten die Eltern, dass sich Neira nicht so entwickelte wie ihre Schwester. Der Herzfehler war zwar behoben, aber Lungenhochdruck wurde diagnostiziert. «Für uns brach eine Welt zusammen. Wir wussten, dass Neira unheilbar krank war», sagt Mutter Michaela Tuor gegenüber der Watson-Reporterin. Die Familie isoliert sich, um das Risiko eines Infekts so klein wie nur möglich zu halten. Kein Besuch im Schwimmbad, keine Party mit Freunden. Die Mutter wacht an Neiras Seite, der Vater kann als Tetraplegiker wenig helfen. Anfang 2020 verschlechtern sich Neiras Werte, den Eltern wird klar, dass ihr Kind nicht mehr lange leben wird. Auch Neira spürt es. «Mami, ich werde sterben, oder?», fragt die Kleine eines Morgens. Tagelang sitzen Zwillingsschwester und Eltern an ihrem Bett – bis Neiras Herz aufhört zu schlagen.
palliative zh+sh, Bettina Weissenbrunner