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Medienschau Juli 2021

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: gme)

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Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden werden die Links zu den Beiträgen deshalb unter «Links zu den Beiträgen» aufgelistet.

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16. August 2021 / Medien
Leerstehende Betten in Alters- und Pflegeheimen, was Menschen bei der Begleitung ihrer sterbenden Angehörigen benötigen, eine Hebamme und einem Sterbebegleiterin im Zwiegespräch: In unserer Medienschau haben wir die herausragendsten Artikel des vergangenen Monats zusammengefasst.
55'000 Betten sind in Langzeitinstitutionen in der Schweiz, Deutschland und Österreich wegen Todesfällen durch Covid 19 freigeworden. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von «alzheimer.ch». Die Pandemie hat gebrechliche und alte Menschen am stärksten getroffen. In Deutschland starben über 70'000 Menschen im Umfeld von Altersheimen, darunter auch Betreuende und Pflegende, in Österreich waren 43 Prozent der 10'662 Covid-Verstorbenen Bewohner von Altersheimen, in der Schweiz etwas mehr als die Hälfte von 10'861. Der Leerbestand der freien Betten in allen drei Ländern ist aber deutlich höher, als sich dies aus den Todesfallzahlen ergeben würde. In der Schweiz etwa haben gemäss einer vom BAG in Auftrag gegebenen INFRAS-Studie Neueintritte und Bettenbelegung bei gut 60 Prozent der Alters- und Pflegeheime abgenommen.

Das Ausmass dieser Abnahme sei nicht bekannt, heisst es im Artikel. Klar ist aber, dass das Image der Institutionen während der Pandemie gelitten hat. Nebst dem hohen Ansteckungsrisiko sorgten auch die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen, während der ersten und zweiten Welle für emotionale Berichterstattungen in den Medien, die «ein Bild von alten, traurigen Menschen, eingesperrt im Einzelzimmer, und draussen verzweifelten Angehörigen» gezeichnet hätten. Auf den sozialen Medien seien Politiker*innen genauso verunglimpft worden wie Verantwortliche in den Langzeitinstitutionen. Entsprechend suchten viele Pflegebedürftige und Angehörige nun nach Alternativen wie Spitex, private Pflegende und Pflege durch Familienmitglieder.

Das in den Medien portierte Bild entspreche jedoch nicht der Realität. «Die überwiegende Mehrheit der Angehörigen von Bewohnenden gibt an, Verständnis für die Massnahmen zu haben», sagt Markus Leser vom Schweizer Branchenverband Curaviva. «Gemäss der INFRAS-Studie sind 85 Prozent der Angehörigen eher oder sehr zufrieden, wie die Institution mit der Pandemie umgegangen ist.»

Der Branchenverband will nun in seiner Öffentlichkeitsarbeit den Schwerpunkt auf Sensibilisierung legen. Man wolle, so Leser, der Bevölkerung einen differenzierten Einblick gewährleisten in die Situation der Alters- und Pflegeinstitutionen. Dazu brauche es eine proaktive Medienarbeit und aktuell eine Kampagne. «Da sich der Entscheid für einen Heimeintritt regional abspielt, ist es wichtig, dass die Institutionen vertrauensbildende Massnahmen mit regionalem Blickpunkt umsetzen.»


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Aber was braucht es überhaupt, damit Angehörige ihre Liebsten bis in den Tod begleiten können? Die «Solothurner Zeitung» porträtierte drei Betroffene (Artikel kostenpflichtig). Etwa die 66-jährige Margrit Roder, die ihre Schwiegermutter vier Jahre lang bis zu deren Tod begleitete. Weil sie im gleichen Haus wohnten, waren sie «jederzeit verfügbar», wie die pensionierte Pflegefachfrau erklärt. Wegen eines Sturzes musste die Schwiegermutter in eine Pflegeinstitution in der Nähe umziehen. Fortan lag das Pflegerische beim Heim, die Betreuung lag bei der Familie, Margrit Roder führte einen Kalender, um die Familienmitglieder zu koordinieren, damit immer jemand zugegen war. Es seien schöne Gespräche entstanden, und es konnte über alles geredet werden, erinnert sich Roder, die als ehemalige Spitexmitarbeiterin schon viele Sterbende begleitet hatte. Die Herausforderung sei gewesen, auf die eigene Rolle zu achten. Diese Zeit sei bereichernd gewesen, aber nur möglich, weil sie und ihr Mann schon pensioniert gewesen seien.

Zwei Jahre lang begleitete die 38-jährige Evelyn Langensand ihren siebenjährigen Sohn Levi, der an Knochenkrebs erkrankt war. Weder Chemo- noch Strahlentherapie halfen. Die Familie wollte, dass Levi zu Hause sterben kann. Die Mutter war damals nicht berufstätig, um auch noch den vier Jahre jüngeren Sohn betreuen zu können, der Vater machte Home-Office, um möglichst viel Zeit mit Levi zu verbringen. Levi durfte wieder ins Elternbett, man ging auf all seine Essenswünsche zwischen Tomatenspaghetti und Himbeerglacé ein. Die letzten 18 Tage war Levi ausschliesslich zu Hause, morgens und abends kam die Kinderspitex. Wenn er tagsüber nicht schlief, spielte er Lego. Dank Morphin war er schmerzfrei. Sie habe ihm hunderte Male gesagt, wie sehr sie ihn liebhabe, erinnert sich Evelyn Langensand. Dass Levi ruhig und voller Zuversicht war, habe es ihnen leichter gemacht. Nachdem sich alle von ihm verabschieden konnten, starb er im Januar letzten Jahres. Dank der grossen Unterstützung ihres Mannes und ihrer Eltern könnte sich Langensand wieder eine Sterbebegleitung vorstellen.

Dass der Sterbewunsch ihres Vaters erst wenige Wochen bestanden habe und demnach nicht schon «dauerhaft» bestand, wie es die Exit-Richtlinien vorschreiben, habe den Exit-Mitarbeitenden nicht interessiert.

Einen ganz anderen Abschied erlebte eine Familie im Zusammenhang mit einem assistierten Suizid, wie das Online-Magazin «Republik» berichtet. Die Schweizer Sterbehilfeorganisation Exit sei in den letzten zehn Jahren stark gewachsen, nicht nur an Mitgliedern, sondern auch die Zahl der Freitodbegleitungen sei angestiegen von 257 Menschen im Jahr 2010 auf 913 im vergangenen Jahr. Ein nun publik gewordener Fall werfe nun allerdings Fragen auf, ob das rapide Wachstum zu so viel Druck geführt habe, dass nicht mehr alle Abklärungen und Begleitungen der Fälle mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt werden könnten, heisst es im Artikel.

Im besagten Fall geht es um einen 84-Jährigen, der wegen seiner Augenerkrankung – er litt am grünen Star – fürchtete zu erblinden. Ernst Berger, wie er im Artikel genannt wird, war seit zehn Jahren Mitglied von Exit. Sein Hausarzt hatte ihm in einem Zeugnis Urteilsfähigkeit attestiert und war bereit, ihm das tödliche Mittel zu verschreiben. Auch der Sterbehelfer von Exit sah alle Voraussetzungen für einen Freitod erfüllt. Anders die Familie, die nun vor einem familiären Scherbenhaufen steht, verursacht durch das Verhalten von Exit. Der als pragmatischer Naturwissenschaftler bekannte Berger pflegte zu seinen Kindern ein herzliches, enges Verhältnis. Eine der Töchter lebte jahrelang im gleichen Haushalt. Alle paar Jahre sei der Vater wegen seiner Erkrankung und den damit verbundenen Ängsten in eine Krise gerutscht, erklären die Töchter im Artikel. Dann habe es Zeit, Geduld und Gespräche gebraucht, bis er wieder zu sich gekommen sei. Auch dem Entscheid zum begleiteten Suizid ging eine solche Krise voraus. Die Familie und weitere Nahestehende vermuteten eine Depression.

Das Gespräch mit dem Sterbehelfer sei dann allerdings eine einzige Katastrophe gewesen. Dass der Sterbewunsch ihres Vaters erst wenige Wochen bestanden habe und demnach nicht schon «dauerhaft» bestand, wie es die Exit-Richtlinien vorschreiben, habe den Exit-Mitarbeitenden nicht interessiert. Er sei als Freitodbegleiter für den Sterbewilligen und nicht für die Angehörigen zuständig, habe er ihr im ersten – und zum weiteren grossen Schock der Tochter einzigen – Gespräch klargemacht. Dabei sei es weder ihr noch ihren Geschwistern darum gegangen, dem Vater das Recht auf einen assistierten Freitod abzusprechen. «Aber wir waren sehr besorgt um ihn und fragten uns, ob dieses überhastete Vorgehen den Standards von Exit entspricht. Was wir dringend brauchten, war mehr Zeit, um die wahnsinnige Hektik und den Druck zu stoppen.» Die ganze Geschichte hier nachzuerzählen, würde den Rahmen sprengen, doch den Artikel zu lesen, ist ausserordentlich zu empfehlen.


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Das Wirtschaftsmagazin «Finanz und Wirtschaft» hat es wohl noch nie in eine unserer Medienschauen geschafft. Wenn sich das Blatt aber mit Exitpräsidentin Marion Schafroth zum Kaffee trifft, dann passt es, gerade unter dem Eindruck des vorher erwähnten Artikels. Die Anästhesistin hat es in der Anfangszeit ihrer medizinischen Laufbahn immer wieder erlebt, dass sich verzweifelte, lebensmüde Patienten das Leben nahmen, indem sie aus dem Spitalfenster sprangen oder lebensrettende Massnahmen bei schwerstkranken Menschen angewandt wurden, die das Gegenteil verfügt hatten. «Dass solche Szenen in der Schweiz grösstenteils der Vergangenheit angehören, ist auch das Verdienst der Sterbehilfeorganisation Exit», heisst es im Artikel. Schafroths Ausführungen machten deutlich, weshalb Exit die – gemessen an den Mitgliederzahlen – erfolgreichste der Schweizer Sterbehilfeorganisationen ist: 39 Jahre nach der Gründung sei die Idee, dass unerträglich leidende Menschen ein Recht auf einen selbstbestimmten Tod haben, in der Bevölkerung breit akzeptiert, heisst es weiter. Dennoch seien längst nicht alle Ärzte bereit, dabei zu helfen – teilweise aus ideologischen Gründen, manchmal wegen Unsicherheit bezüglich der Rechtslage. Schafroth wollte sich zunächst als Freitodhelferin engagieren, wurde dann aber als Konsiliarärztin tätig, die «in begründeten Fällen nach Gesprächen mit den Sterbewilligen das nötige Mittel verschreibt».

Würde das Mittel, wie einzelne Stimmen innerhalb von Exit dies forderten, rezeptfrei abgegeben, wäre Exit weniger erfolgreich, mutmasst der Autor des Artikels. Schafroth sei erstaunt, kaum jemals negative Kommentare zu ihrem Amt zu erhalten. Wenn doch, so erhalte sie vor allem Kritik in Zusammenhang mit dem Altersfreitod. Die Befürchtungen, dass damit alte Leute aus dem Weg geschafft würden, um Pflegekosten zu sparen, bezeichnet die Exitpräsidentin als «Hirngespinst» und entgegnet, dass jede Freitodbegleitung «nach strengen Vorgaben und sorgfältiger Abklärung stattfindet.»


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Im Tösstal, genauer in Rämismühle bei Zell, gibt es ein neues Hospiz, wie der «Landbote» berichtet (Artikel kostenpflichtig). Geleitet wird das Haus Pallistella von Corina Günther und ihrem Mann Herbie. Die beiden Initianten sprechen lieber von einer palliativen Wohngemeinschaft. Mit ihrer Firma OnPac, einem von fünf mobilen Anbietern für Palliative Care im Kanton Zürich, betreute Corina Günther vor einiger Zeit eine junge Mutter, die in ihrer letzten Lebenszeit nicht mehr zu Hause gepflegt werden konnte. Mangels Alternativen blieb nur noch der Umzug in ein Alters- und Pflegeheim. Günther bedauerte dies sehr. Und hatte eine Vision: Es sollte ein Ort entstehen, in dem schwerstkranke Menschen, wie diese junge Mutter eine für sie würdige Umgebung für die letzte Zeit finden.
Dass die Umsetzung so schnell gelang, ist EVP-Kantonsrat Markus Schaaf zu verdanken, der in Zell das Zentrum Rämismühle, einem gemeinnützigen Verein für Wohnen und Pflege im Alter leitet. Er bot Günther an, ein Stockwerk im Gästehaus zu mieten. Nun ist dort die palliative Wohngemeinschaft mit einer Küche, einem Aufenthaltsraum und fünf Einzelzimmern eingerichtet. Es gibt genügend Platz, um ein Möbelstück mitzunehmen oder ein Klappbett für Angehörige aufstellen zu können. Das Projekt ist nun in eine halbjährige Pilotphase gestartet. «Es ist wie vor einer Hochzeit», sagt Herbie Günther. «Wir wissen zwar, dass es der richtige Schritt ist, aber wir wissen nicht, worauf wir uns einlassen.» Wir drücken die Daumen.


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Die beiden Berufsmaturandinnen Tamara Abegg und Nicole Ettlin wollten mehr über die Möglichkeiten erfahren, wie man sich auf den Tod vorbereiten kann. Die jungen Kernserinnen widmeten ihre Abschlussarbeit deshalb dem Lebensende. In ihrem Alter wisse man noch nicht viel über den Tod. «Eine Geburt plant man meistens oft bis ins Detail, der Tod dagegen wird verdrängt», sagt die 21-jährige Abegg. Deshalb falle es vielen schwer, damit umzugehen, zeigen sich die beiden im Gespräch mit der «Luzerner Zeitung» überzeugt. Während der Arbeit merkten sie jedoch, dass sich die Leute öffnen, wenn sie auf den Tod angesprochen werden. Der medizinische Fortschritt ermögliche es, den Sterbeprozess zu verlängern. Dadurch könne aber auch die Leidenszeit länger werden. «Manche Menschen wären damit zufrieden, wenn sie friedlich einschlafen könnten», sagt Tamara Abegg. «Durch die vielen Behandlungen ist es ein Kampf, bis man wirklich gehen kann.»

In ihrer Arbeit streifen die jungen Frauen verschiedene Themen, Sterbehilfe genauso wie Patientenverfügungen oder das Sterben im Hospiz. Die beiden Obwaldnerinnen haben durch ihre Arbeit gelernt, das Leben und insbesondere die Gesundheit zu schätzen und haben eine gewisse Berührungsangst verloren, wie sie erklären. Einzig unschöner Punkt im Artikel: Der Satz, dass wer Mitglied bei Exit ist, eine Patientenverfügung ausfüllen könne, ist missverständlich. Eine Patientenverfügung auszufüllen, das geht auch ohne Exitmitgliedschaft.
«Was für ein Leben ein Mensch gelebt hat, ist häufig auch prägend fürs Sterben.» Drysdale Stettler, Sterbebegleiterin

Begleiten beim ersten Atemzug, begleiten beim letzten. Der «Seetaler Bote» sprach mit der Hebamme Sandra Schöpfer-Burri und der die Sterbebegleiterin Claudia Drysdale Stettler über das Leben und den Tod (Artikel kostenpflichtig). Im Interview bezeichnen die beiden sowohl die Geburt als auch den Sterbeprozess als «heiligen Moment». «Es spielt keine Rolle, was für ein Kampf zuvor über Stunden stattgefunden hat – der Moment, wo das Kind das Licht der Welt erblickt, der ist einfach wunderschön. Selbst nach über 20 Jahren als Hebamme fasziniert es mich noch immer, wie so ein Mensch überhaupt heranreifen kann», sagt Schöpfer-Burri. Auch für Stettler ist das Sterben eine Art Geburt. «Was für ein Leben ein Mensch gelebt hat, ist häufig auch prägend fürs Sterben. Jeder Fall ist anders. Aber wenn jemand geht, verspüre ich fast immer einen enormen Frieden. Dann öffne ich ein Fenster, damit die Seele ins Freie kann.» Das erklärt die Sterbehelferin noch genauer: Die Sterbenden gingen in eine Welt über, die sie nicht kennen, genau wie ein Neugeborenes. Es komme zudem vor, dass die Sterbenden manchmal nach der bereits verstorbenen Mutter oder dem Partner riefen. Dann habe sie das Gefühl, dass sie genauso empfangen werden wie die Kinder bei der Geburt.

Auch als Hebamme ist man manchmal mit dem Tod konfrontiert. Sei es durch eine Schwangerschaftskomplikation oder eine Risikosituation bei der Geburt. «Für mich ist es jedes Mal ein Schockmoment, wenn ein Kind still geboren wird», sagt Schöpfer-Burri. Durch die jahrelange Erfahrung wisse sie zwar, wie sie damit umgehen müsse, doch daran gewöhnen, werde sie sich nie. Auch Stettler bestätigt, dass für sie jedes Sterben anders sei. Sie wisse bei keinem Einsatz, was auf sie zukomme. Für beide gilt, in emotional schwierigen Situationen professionell und stark zu bleiben, lassen aber auch zu, dass das Mitgefühl sie berührt. Um sich wieder zu erden, hilft der Hebamme, der Gang in die Natur und der Gedanke daran, dass die allermeisten Geburten positiv verlaufen. Auch Stettler schöpft Kraft beim Spaziergang mit ihren Hunden. Sie sagt, es könne auch schön sein, wenn jemand gehen könne, der sich das wünsche.


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Eine schöne Idee findet sich in der Geschichte zum Schluss, bei der es um Trauerbewältigung geht. Die «Waltroper Zeitung» berichtet von einem neuen Projekt der Caritas. Zwar lebe jeder Mensch seine Trauer individuell aus, doch gelte allgemein, dass es nicht guttue, allein zu sein. Nebst Trauergruppen und Trauer-Cafés gibt es nun ein Angebot, gemeinsam auf einen Spaziergang zu gehen. Sogenannte «Geh-Spräche» zu führen. Denn vielen fällt es einfacher, während des Gehens zu reden. Oder gegebenenfalls auch zu schweigen. Zudem kommt die Bewegung an der frischen Luft auch den Corona-Massnahmen entgegen. Geleitet werden die Spaziergänge von Anette Jaeger und Simone Stenzel, beide langjährige geschulte Mitarbeiterinnen des Ambulanten Hospizes des Caritasverbande, die nun auch einen Lehrgang für Trauerbegleitung absolviert haben. Im Unterschied zum Hospizdienst, wo es darum gehe, Menschen in den Tod zu begleiten, gehe es hier nun darum, Menschen zurück ins Leben zu begleiten.
«Es kostet manchmal Mut, Trauer überhaupt zuzulassen», sagt Anette Jaeger. Zudem brauche Trauer einen Raum, man müsse den Menschen zeigen, dass «Trauer sein darf», und zwar so lange, wie es eben braucht. Auch dann noch, wenn die Welt längst wieder zum Alltag übergegangen ist. Trauer höre nie auf, sie verändere sich höchstens. «Der Schmerz wird blasser, aber er hört nicht auf, weil ja die Verbindung nicht aufhört zu dem Verstorbenen.» Ein «Trauer-Geh-Spräch» halten die Initiantinnen gerade jetzt für besonders wichtig, weil viele Abschiednahmen wegen Corona verhindert waren. Die Formel «Mut zur Nähe, Kraft zur Distanz» ermögliche ihnen einen guten Umgang mit den Trauernden. Alles in allem ein spannender Ansatz.
Übrigens: Waltrop ist eine Stadt im östlichen Ruhrgebiet, falls sich das jemand ebenfalls gefragt hat.
palliative zh+sh, Gabriela Meissner