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Medienschau Juli und August 2018

Medienschau Juli und August 2018

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: palliative zh+sh, ei)

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Die Medienschau

Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden werden die Links zu den Beiträgen deshalb unter «Links zu den Beiträgen» aufgelistet.

Dokumente zum Thema

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07. September 2018 / Medien
Das Kinderspital Zürich feiert sein 150-Jahre-Jubiläum. Zu diesem Anlass werden auf der Website www.kispi-150.ch Storys veröffentlicht, anfang Juli zum Beispiel eine Geschichte aus der pädiatrischen Palliative Care, jene von Lara, einem Mädchen, das mit vier Jahren starb. Sie hatte seit ihrer Geburt mit verschiedenen Widrigkeiten zu kämpfen. Zum Beispiel war ihre Speiseröhre fehlgebildet, deshalb wurde ihr die Nahrung stets über einen zentralen Venenkatheter verabreicht. Wegen eines geschädigten Nervensystems konnte sie nicht gehen, nicht sitzen, nicht greifen, nicht sprechen, war auf 24-stündige Pflege angewiesen. Dennoch war Lara «ein glückliches Kind mit dem breitesten Lächeln». Häufig war sie im Kispi stationär in Behandlung, weil ihr Körper zum Beispiel den Katheter abstiess. Schliesslich mussten ihre Eltern einsehen, «dass sich die medizinischen Möglichkeiten erschöpften», so Laras Mutter. Unterstützt von Fachpersonen aus Chirurgie, Pflege und Palliative Care mussten die Eltern «die wohl schwierigste Entscheidung ihres Lebens» fällen. Lara sollte nicht mehr mit schmerzhaften Eingriffen und künstlicher Ernährung am Leben gehalten werden. Halt erhielt die Familie vom Palliative-Care-Team. «Dieses brachte Ruhe in unser Leben und führte uns vor Augen, dass der Tod nur ein Nebenschauplatz ist.» Die Familie sollte die letzten Monate ihrer Tochter besser nutzen, riet es, um das Leben noch einmal zu zelebrieren.

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Das Konsumentenmagazin «Espresso» berichtete Ende Juli auf Schweizer Radio SRF über ein Problem, mit dem sich momentan viele Spitex-Dienste und Pflegeheime herumschlagen: dem Bundesverwaltungsgerichtsentscheid bezüglich des Pflegematerials. Gemäss diesem Urteil müssen die Krankenkassen die Pflegematerialen nicht mehr bezahlen. Onko Plus, eines von fünf spezialisierten Palliative-Care-Teams im Kanton Zürich, bleibt monatlich auf rund 1500 Franken ungedeckter Kosten sitzen. «Für uns als kleine Organisation ist das viel Geld», sagt Geschäftsleiterin Ilona Schmidt. «Wir müssen nun Spendengelder dafür ausgeben. Das kann es doch nicht sein.» Zitiert wird im Radiobeitrag auch eine Patientin mit Krebs im Endstadium. Dank einer Schmerzpumpe und einem Katheter direkt in den Spinalkanal geniesst sie wieder Lebensqualität.
«Die Pumpe ist für mich ein Segen, dank dieser Lösung kann ich noch klar denken, lachen und Besuch empfangen.»
Onko-Plus-Patientin mit Krebs im Endstadium

«Ich würde sonst nur noch schreien.» Die Pumpe sei für sie ein Segen, dank dieser Lösung könne sie noch klar denken, lachen und Besuch empfangen. Krankenkassen und Gemeinden aber schieben sich den schwarzen Peter zu. Matthias Müller, Sprecher von Santésuisse, sagt: «Wir bedauern diese schwierige Situation. Nun sind die Gemeinden und die Kantone gefordert.» Die Krankenkassen sollten weiterzahlen, wie sie das bisher getan hätten, findet hingegen Michael Jordi, Zentralsekretär der Gesundheitsdirektorenkonferenz. Im Juli reichte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates eine Motion ein, die den Bundesrat beauftragen will, rechtliche Voraussetzungen zu schaffen, damit die Leistungserbringer die Materialien wieder in Rechnung stellen können. Dies wurde auf der Website von «Curaviva» gemeldet.

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Am 5. September wird im Kanton Schwyz ein neues Hospiz eröffnet. Bisher gab es nur eines im äusseren Kantonsteil, in Hurden am Obersee. Im Oktober werden im Alterszentrum Rubiswil in Ibach drei Hospizbetten offiziell in Betrieb genommen. Je nach Bedürfnis könnte die Bettenzahl auch gesteigert werden. Das Spital Schwyz verfügt seit 2012 über eine Palliativstation, die inzwischen zehn Betten zählt. Initiiert hat diese Abteilung der Schwyzer Palliativpionier Urs Gössi. Der vorherige Chefarzt des Spitals baute nach seiner ordentlichen Pensionierung die Station auf. Er setzte sich auch für das zweite Hospiz ein. «Es braucht dringend Angebote und Netzwerke in den Gemeinden», sagte er gegenüber dem «Boten der Urschweiz». Nun verlässt Gössi das Spital Schwyz. Der umtriebige Arzt wird sich aber nicht zur Ruhe setzen, sondern in einem Palliativzentrum der Stadt Bern bei der Zertifizierung mithelfen. Er fühle sich nämlich noch fit, sagte der bald 72-Jährige in einem weiteren Interview mit dem «Boten der Urschweiz». Er sei «körperlich und geistig glücklicherweise noch bestens unterwegs, motiviert und voller Energie». Auf Gössi folgt im Spital Schwyz Piotr Sobanski. Der Facharzt für innere Medizin und Kardiologie hat sich auf Palliative Care spezialisiert.

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Die Palliativ-Spitex im Kanton Aargau ist gefährdet, schreibt die «Aargauer Zeitung». Sie illustriert am Beispiel eines Angehörigen, wie ihm der spezialisierte mobile Dienst half, seine Frau zu Hause bis zum Tod zu pflegen. Er habe zwar viele Aufgaben selbst übernehmen können, zum Beispiel das Spritzen von Morphin, Sicherheit gab ihm jedoch die Erreichbarkeit des Palliative-Care-Teams. Dieses erleichterte ihm den Alltag auch, indem es Organisations- und Koordinationsaufgaben übernahm. Diese Tätigkeiten würden von den Versicherern aber «nur sehr beschränkt bezahlt», sagt Rebekka Hansmann, Präsidentin des Spitex-Verbands Aargau. Die Palliativ-Spitex sei weit davon entfernt, kostendeckend zu arbeiten. Wenn bis 2020 die Finanzierung nicht geklärt werde, könne die Spitex den Dienst nicht mehr anbieten. Wie im Kanton Zürich werden im Aargau die Gemeinden als Restkostenfinanzierer zur Kasse gebeten. Zwar werden mit der ambulanten Pflege unter dem Strich hohe Spitalkosten eingespart. Für den Grossteil davon müsste aber der Kanton aufkommen. Hansmann verlangt vom Kanton, die Finanzierung der spezialisierten Palliative Care endlich zu regeln. Als erste Sparmassnahme wird es ab 2019 im Kanton Aargau nur noch fünf statt siebe regionale Palliative-Zentren geben.

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In St. Gallen stimmt im Herbst das Kantonsparlament über eine neue Gesetzesgrundlage bezüglich Palliative Care ab. Neben der Prävention, der Kuration und der Rehabilitation gehört sie neu zu den Säulen der Gesundheitsversorgung, schreibt das «St. Galler Tagblatt». Somit würden die finanzielle Mittel des Kantons für die Palliative Care endlich auf einer gesetzlichen Grundlage stehen, sagt Donat Ledergerber, Generalsekretär des Gesundheitsdepartements. Bisher erhielt der Verein palliative ostschweiz vom Kanton jährlich 35‘000 Franken für Vernetzungsarbeit und der palliative Brückendienst der Krebsliga Ostschweiz 250‘000 Franken. Der Beitrag reiche jedoch nicht für die Versorgung aller Patienten durch den Brückendienst aus, sagt Geschäftsführerin Katharina Linsi. Ausserdem gingen die beiden Hospize im Kanton noch leer aus, eines in St. Gallen mit sieben Betten, das andere in Grabs mit fünf Betten. Linsi plädiert für eine kantonale und nationale Überprüfung, ob die Hospize sich nicht besser unterstützen liessen. Zudem solle eine nationale Lobby-Strategie aufgebaut werden. «Schwerstkranke, Sterbende und Trauernde haben keine starke Lobby hinter sich.»

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«Unter der aktuellen Finanzierung ist sogar die Existenz der bestehenden Palliativstationen mittelfristig gefährdet.»
Heike Gudat, Palliativmedizinerin

Mit dem leidigen Thema Finanzierung befasst sich ein Text von Palliativmedizinerin Heike Gudat, der in der Fachzeitschrift «Therapeutische Umschau» erschienen ist. Das Heft. Nr. 2 des Jahrgangs 75 war ganz dem Thema Palliative Care gewidmet. Gudat stellt in ihrem Beitrag die Frage, wie viel unserer Gesellschaft das Lebensende wert ist, und sie legt dar, wie die stationäre spezialisierte Palliative Care finanziert wird. Sie zeichnet ein düsteres Bild: In der Schweiz sterben jährlich 66‘000 Menschen. Die Kosten für das letzte Lebensjahr belaufen sich auf 1,9 Milliarden Franken. «Für Palliativstationen werden geschätzt jedoch nur 51 Millionen Franken aufgeworfen.» Gründe dafür seien ein noch zu kleines Angebot, eine systematische Unterfinanzierung sowie eine lückenhafte Versorgungskette für schwer kranke und sterbende Patientinnen und Patienten. Der Schweiz würden rund 500 Palliativbetten fehlen, zudem benötigten mindestens 11‘000 schwerkranke Menschen jährlich spezialisierte Palliative Care. Unter der aktuellen Finanzierung sei aber sogar die Existenz der bestehenden Palliativstationen mittelfristig gefährdet.

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In Basel gibt es ein in der Schweiz einmaliges Angebot. Ein mobiles Seelsorge-Team betreut schwerstkranke Menschen und ihre Angehörigen zu Hause. Der Schwerpunkt des mobilen Dienstes liege auf der praktischen seelsorgerischen Versorgung zu Hause, schreibt der «Kirchenbote» Basel-Stadt. Zu den Aufgaben des reformierten Pfarrers Gerhard Gerster und seines Teams gehört unter anderem, die Angst von Sterbenden zu lindern. Ihm gehe es in seiner Begleitung darum, die Zusage «Fürchte dich nicht!» erfahrbar zu machen. Am häufigsten besuche er betagte Frauen. Denn die Männer sterben früher und hätten dabei Beistand von ihren Gemahlinnen. Verwitwete Frauen hingegen könnten in dieser schwierigen Zeit häufig auf niemanden zurückgreifen. Sie seien auf sich alleine gestellt und brauchten Hilfe, so Gerster. «Die Kirche hat den Auftrag, die Kranken aufzusuchen.» Das stehe schon im neuen Testament.

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Im August gaben wieder einmal Pläne für ein Kinderhospiz zu reden. Der Verein Allani hat sich zum Ziel gesetzt in zwei Jahren in Bern ein solches Haus zu eröffnen. Da der Verein Ende Sommerferien einen Fackellauf mit Kinderprogramm veranstaltete, interviewte das «Regionaljournal Bern Freiburg Wallis» von Radio SRF Sarah Clausen, die zum Initiativteam gehört. Kinder sterben entweder auf der Intensivstation oder zu Hause, betreut von der Kinder-Spitex. Es gehe ihnen nun vor allem darum, die Lücke zwischen Spital und zu Hause zu schliessen, sagt Clausen. Sie arbeitete selbst zwei Jahre als Kinderphysiotherapeutin am Insel-Spital und hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder und ihre Familien dort unter anderem zu wenig Privatsphäre hätten. Das Hospiz soll sechs bis acht Kindern und ihren Familien Platz und Geborgenheit bieten, und ihnen erlaube, trotz schwerer Krankheit einen möglichst unbeschwerten Alltag zu leben. Nun sollen mit einem Fundraising-Konzept drei bis vier Millionen Franken gesammelt werden, um einen Start zu ermöglichen. Auf die Frage, weshalb es in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland noch kein solches Angebot gebe, sagte Clausen, ihre etwas provokative Antwort auf diese Frage sei jeweils: «Weil hier keine Kinder sterben.»

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Das Projekt des Vereins «Mehr Leben» ist sogar schon eine Stufe weiter: Er will in Basel ein Mehrgenerationenhaus eröffnen, in dem neben erwachsenen auch junge Palliativpatientinnen und –patienten Platz und eine angemessene Betreuung finden. In der Dreiländerregion sei der Bedarf an Palliative-Care-Angeboten nur zur Hälfte gedeckt, schreibt die «Basler Zeitung». «Für jede Generation separate Palliative-Care-Zentren aufzubauen, wäre finanziell kaum tragbar. Bei einem gebündelten Angebot werden Synergien nutzbar», sagt Vereinspräsidentin Viola Käumlen. Das Haus solle auch Ausbildungszentrum sein sowie juristische und psychologische Hilfe anbieten. Wann der Spatenstich erfolge, sei noch offen. Das Vorhaben befindet sich im Stadium eines Vorprojekts. Durch das Engagement der Christoph Merian Stiftung habe das Pionierprojekt aber starken Rückenwind bekommen.

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«Menschen im Gefängnis, die todkrank und noch urteilsfähig sind, sollten das Recht auf Sterbehilfe in Anspruch nehmen dürfen.»
Studie im Rahmen des NFP 67 «Lebensende»

Ein 64-jähriger Sexualstraftäter, der in der Zuger Justizvollzugsanstalt (JVA) Bostadel verwahrt wird, möchte mit Exit sterben. Der Mann leidet an einer unheilbaren Lungenkrankheit und an einer nicht-therapierbaren psychischen Störung, schreibt securenews.ch, eine Online-Plattform für die Sicherheitsbranche. Ausserdem kritisiere der Inhaftierte sein komplettes Ausgehverbot. Dieses Begehren stellt sowohl die Sterbehilfeorganisation als auch das Amt für Justizvollzug vor Herausforderungen. Es sei das erste Gesuch für einen assistierten Suizid eines Strafgefangenen in der Schweiz und werde nun von beiden Seiten geprüft. Die massgebenden Faktoren seien das Alter des Häftlings, sein Zustand und der Grund für den Sterbewunsch. Sich durch den Freitod der Strafe zu entziehen, dürfe aber auf keinen Fall möglich sein, sagt der stellvertretende Amtschef. Zudem ist momentan in keiner Schweizer JVA der Vollzug des assistierten Suizids zugelassen.

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Die Zeitung «der Bund» weitete in einem Folgeartikel den Fokus auf die alternden Gefängnisinsassen und die Probleme der Vollzugsanstalten mit dieser Tatsache aus. Bis 2050 rechnen Fachleute mit bis zu zehn Mal mehr Insassen, die älter als 60 Jahre sind. Neben der alternden Gesellschaft führen auch die in den letzten Jahren verschärften Gesetze dazu, dass Häftlinge länger einsitzen. Die Schweizer Gefängnislandschaft stelle sich allmählich auf diese Tatsache ein. Neben der JVA Bostadel bietet auch die JVA Lenzburg eine Abteilung für über 60-jährige Gefangene. In Zusammenarbeit mit einer externen Spitex betreibt diese Anstalt auch ein Hospiz. Eine Studie, die im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms «Lebensende» durchgeführt wurde, untersuchte ein «menschenwürdiges Lebensende» hinter Gittern. Empfohlen wurden schliesslich räumliche Anpassungen, zum Beispiel altersgerechte Betten, und speziell ausgebildetes Personal. Ausserdem formulierten die Forschenden auch diesen Satz: «Menschen, die todkrank und noch urteilsfähig sind, sollten das Recht auf Sterbehilfe in Anspruch nehmen dürfen.»

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Im Kanton Genf ist ein Gesetz in Kraft getreten, das Sterbehilfe in Alters- und Pflegeheimen sowie in Spitälern erlaubt. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Genfer Gesundheitsinstitutionen Sterbehelfern den Zutritt nicht mehr verweigern. Der Patient muss urteilsfähig sein, an einer unheilbaren und schweren Krankheit leiden und über Alternativen informiert worden sein. Die Angestellten der Institutionen sind nicht verpflichtet, beim assistierten Suizid mitzuwirken. Vor Genf haben bereits die Kantone Waadt und Neuenburg ähnliche Regelungen getroffen. In Genf soll eine Kommission die Sterbehilfe in öffentlichen Institutionen überwachen. Die Kommission besteht aus einem Arzt oder einer Ärztin, einer Vertretung der Gesundheitsdirektion und einer Patientenorganisation, einer Ethikerin oder einem Ethiker sowie einer Anwältin oder einem Anwalt. Sie muss noch gebildet werden und kann in strittigen Fragen kontaktiert werden, etwa wenn der Eindruck auftaucht, jemand sei von dritten beeinflusst worden.

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In Belgien wurden in den letzten zwei Jahren aktive Sterbehilfe bei drei Minderjährigen durchgeführt: bei einem 17-Jährien, einem 9- und einem 11-Jährigen, berichtet «Zeit online». Alle drei waren unheilbar erkrankt, einer litt an einem Gehirntumor, einer an der Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose und einer an einer schweren Muskelkrankheit. Dies ist aus dem entsprechenden Bericht der zuständigen Kommission hervorgegangen. In Belgien ist seit 2002 aktive Sterbehilfe zugelassen. Das Land verfügt diesbezüglich über eines der liberalsten Gesetze. 2014 hob es schliesslich sogar die Altersbeschränkung für Sterbehilfe auf. Kinder haben das Recht, von ihrem behandelnden Arzt Beihilfe zur Selbsttötung in Anspruch zu nehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Das Kind muss ausdrücklich darum bitten, die Eltern müssen einverstanden sein, Ärzte müssen das Leiden des Kindes als unerträglich eingestuft haben und ein Gutachten muss die Zurechnungs- und Urteilsfähigkeit des Kindes festgestellt haben. In den Niederlanden ist Sterbehilfe für Minderjährige ebenfalls erlaubt, aber erst ab 12 Jahren. In Luxemburg ist sie mit Zustimmung der Eltern ab 16 Jahren möglich.

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Würdevolle Pflege auf Staatskosten. In Dänemark schauen die Gemeinden auf ihre älteren Bürgerinnen und Bürger, das zeigt eine «Tagesthemen-Reportage» des Fernsehsenders ARD. Ab 75 Jahren erhält jedermann präventive Hausbesuche. Die Kommunen investieren viel in die häusliche Pflege, mit dem Ziel, dass Pflegebedürftige möglichst lange zu Hause bleiben können. Die Spitex-Pflegenden, die bis zu acht Mal täglich bei kranken Menschen vorbeigehen, sind direkt bei den Gemeinden angestellt. Ebenso betreiben diese auch die Altersheime. Die im Bericht gezeigte Institution gleicht einer Einfamilienhaussiedlung. Einen Platz hier könne sich jedermann leisten, sagt die Geschäftsleiterin. Dazu reiche die staatliche Rente, die alle erhalten.

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«Das Gesicht des Todes aushalten» ist ein Essay darüber, wie schwierig es ist, von jemandem Abschied zu nehmen, dessen Leichnam man nicht gesehen hat. Der PR- und Kommunikationsberaterin Caroline Kraft ist es so geschehen, als ihr Exfreund Suizid begangen hatte. Auf ihren Wunsch, den Toten noch einmal zu sehen, sagte die Bestatterin: «Tun Sie sich das nicht an. Behalten Sie ihn so in Erinnerung, wie er war.» Solche Sätze sollten verboten werden, schreibt Kraft. Bei ihr lösen sie eine Flut von Bildern aus, ihren eigenen «Horrorfilm», über den sie keine Kontrolle habe.
«Ich arbeite ähnlich wie eine Hebamme, nur andersrum.»
Alternativer Bestatter in Berlin

Eineinhalb Jahr später stösst sie auf ein Interview mit einem jungen Bestatter, einem Quereinsteiger. Er spricht von einer alternativen Bestatterszene, die sich zum Ziel gemacht habe, «den Umgang mit dem Tod zu verändern und neue, zeitgemässe Rituale zu finden, die die Trauer positiv befördern». Es spricht von Abschiednehmen, vom gemeinsamen Waschen und Ankleiden des Verstorbenen, vom Gestalten des Sarges und von begleiteter Kremation. Kraft macht selbst ein drei Monate dauerndes Praktikum bei ihm. Er sagt, er arbeite ähnlich wie eine Hebamme, «nur andersrum. Er verfügt über keine eigenen Räumlichkeiten, sondern trifft Angehörige bei ihnen zu Hause oder im Büro einer Freundin. Die Toten bahrt er auf Wunsch bei einem befreundeten Transportunternehmen auf, wo sich auch Kühlräume befinden. Er hilft den Menschen, ihre Angehörigen noch einmal anzuschauen, bereitet sie allenfalls darauf vor, was sie zu sehen bekommen, etwa nach einem Unfall. Er nennt den Anblick «das letzte Gesicht». Dieses anzusehen und vielleicht sogar anzufassen hilft, das Unfassbare zu begreifen.
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