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Medienschau Juni 2018

Medienschau Juni 2018

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: palliative zh+sh, ei)

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Die Medienschau

Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden werden die Links zu den Beiträgen deshalb unter «Links zu den Beiträgen» aufgelistet.

Dokumente zum Thema

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10. Juli 2018 / Medien
Wer schwer krank ist, soll seine Behandlung mitbestimmen und seine Werte und Wünsche darin einfliessen lassen können. Die vorausschauende Behandlungsplanung, englisch Advance Care Planning (ACP) genannt, ist ein Werkzeug für Patientinnen und Patienten, mit dem sie die Erwartungen, welche sie an ihre Behandlung haben, eindeutig und verständlich formulieren können. Gut informiert und aufgeklärt über die jeweiligen Chancen, formulieren sie schliesslich ihre Patientenverfügung «plus», eine Art erweiterte Patientenverfügung. Der ACP-Thematik hat sich auch die Schweizerische Stiftung SPO Patientenschutz in ihrem aktuellen Jahresbericht angenommen. Rita-Lena Klein, zertifizierte ACP-Beraterin, gibt darin umfassend Auskunft. Sie ist der Meinung, dass, wenn eine differenzierte, medizinisch «klare» und vom Hausarzt abgesegnete Patientenverfügung vorliegt, es zu weniger lebenserhaltenden Massnahmen kommt, die teuer, aber von den Betroffenen oft gar nicht gewünscht sind. Auch die «Ars Medici» beleuchtet in ihrer Artikelserie über Palliative Care die ACP. Dr. med Klaus Bally, Facharzt für Allgemeine Medizin FMH Universitäres Zentrum für Hausarztmedizin beider Basel, benennt in seinem Artikel Chancen und Grenzen einer Vorausplanung, und sagt zum Schluss: «Prepare for the unpreparable.»

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Am 22. Juni wäre Cicely Saunders 100 Jahre alt geworden. Cicely Saunders Vision war «den Weg in den Tod ganzheitlich zu begleiten». Dieser Vision war sie zeitlebens treu, verfolgte sie beharrlich und hat damit zahlreiche Samen für die Hospizarbeit und nicht zuletzt auch für die Palliative Care gesät. Allein in Grossbritannien sind über 200 Hospize nach dem Vorbild des St Christopher’s Hospiz entstanden. Saunders konzipierte St Christopher’s von Anfang an auch als Forschungs- und Ausbildungszentrum für moderne Palliativmedizin. Der «Deutschlandfunk» hat für die «Mutter der modernen Hospizbewegung» eine schöne Würdigung veröffentlicht.
«Es geht vor allem darum, die Lebensqualität zu verbessern. Egal, wie lang oder kurz das Leben noch sein wird.»
Cicely Saunders

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Nicht vor 100, aber doch vor 30 Jahren wurde in Zürich das Lighthouse als Sterbehospiz für Aidskranke eröffnet. Seither hat sich das Lighthouse zu einer auf Palliative-Care spezialisierten Einrichtung für Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichsten Krankheiten entwickelt. Heute kommt niemand mehr hierher, weil er sich mit dem HI-Virus angesteckt hat, denn dank der Medikamente, die seither entwickelt wurden, haben sich die Überlebenschancen bei einer HIV-Infektion stark verbessert. Viele andere Krankheiten aber bleiben unheilbar. Heute sind mehr als 80 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner des Lighthouse an Krebs erkrankt und ihr Tod ist unausweichlich. Aber: «In einem Hospiz wird nicht nur gestorben. Es wird auch ganz intensiv gelebt,» sagt Regula Bucher, Teamleiterin Pflege im Lighthouse, in der «NZZ».

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«Hospiz für unheilbar Kranke stösst auf grosses Interesse» titelte die «Südostschweiz» anlässlich ihrer Berichterstattung über die Informationsveranstaltung des Vereins palliative gr anfangs Juni. Dr. med. Cristian Camartin, Leitender Arzt der Palliativstation im Kantonsspital Graubünden, äusserte sich überzeugt, dass es ein Hospiz im Kanton brauche. Denn seine Station sei Teil eines Akutspitals und keine Langzeit-Einrichtung. Urs Hardegger, Geschäftsführer des Alterszentrums Senesca, betonte, dass das Hospiz etwas anderes ist als das Pflegeheim. «Wir nutzen zwar die Infrastruktur des Alterszentrums, aber das Hospiz ist etwas Separates und auch anders gestaltet. Die Bewohner werden Menschen ab 18 Jahren aufwärts sein, und es ist nicht für Pflegeheimbewohner gedacht.» Der Dachverband der Schweizer Hospize favorisiere zwar separate Einrichtungen, doch das sei in Graubünden nicht möglich, sagte Barla Cahannes, die an diesem Abend zur neuen Präsidentin von palliative gr gewählt worden war. Geplant ist, dass am 1. Januar 2019 im Maienfelder Alterszentrum Senesca das Hospiz seinen Betrieb mit vorerst vier Betten aufnimmt.

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Vielen sind Hospize für Erwachsene bekannt. Doch dass es auch Hospize für sterbende Kinder gibt, dürfte für nicht wenige neu sein. Das Kinderhospiz Balthasar war eines der ersten seiner Art in Deutschland. Es wurde vor 20 Jahren von Franziskanerinnen gegründet. Seither waren hier über 800 Kinder zu Gast. Rund 60 Mitarbeiter – Pflegefachleute, Sozialpädagogen, Therapeuten und Verwaltungsfachpersonen – sind darum besorgt, dass im Kinderhospiz die Lebensfreude hochgehalten wird. Sie alle sehen sich im Dienst der bis zu 12 Kinder und Jugendlichen und ihren Familien. Im Artikel, welcher der «Deutschlandfunk» publizierte, ist zu lesen, dass es wichtig sei zu erkennen, dass, wenn ein Kind krank sei, die Familie krank sei und die ganze Familie Hilfe brauche. Im Kinderhospiz erfahren die kranken Kinder und ihre Familien die passende Unterstützung. Hier können sie offen über Krankheit, Sterben und Tod sprechen. Diese Themen sind hier nicht tabu und nicht abgetrennt von der Lebensfreude, die noch bis zum Tod vorherrschen kann.

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Auch im «Basel Express» sind kranke Kinder ein Thema. Wenn ein Kind mit einer lebenslimitierenden Erkrankung geboren wird, eine Krebserkrankung stärker als die Therapiemöglichkeiten ist, ein Unfall zu schweren Organschäden führt, ein Kind viel zu früh oder mit schweren Schädigungen zur Welt kommt, ein Kind an einer angeborenen Stoffwechsel- oder an einer Muskelerkrankung mit lebenslimitierenden Auswirkungen leidet, dann braucht es Palliative Care. Das hat auch die Mutter der 1,5-jährigen Sophia erfahren. Die Mutter kommt im Artikel «Palliative Care in der Kinderspitex» ausführlich zu Wort. Sie sagt: «Ich bin ausserordentlich dankbar, dass mir bei der Pflege und Überwachung die Kinderspitex hilft und ich mich zu 100 Prozent auf sie verlassen kann.»

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Der Bundesrat will erwerbstätige Personen entlasten, die kranke Angehörige betreuen. Arbeitgeber sollen bei kurzen Abwesenheiten zur Lohnfortzahlung verpflichtet werden, und die Eltern von schwer kranken Kindern sollen einen Betreuungsurlaub nehmen können. Er hat die Vernehmlassung zu drei Massnahmen eröffnet. Der Bundesrat sei der Ansicht, dass diese nötig seien, damit pflegende Angehörige im Berufsleben verbleiben könnten, schreibt das Innendepartement (EDI) in einer Meldung, welche in der «Aargauer Zeitung» veröffentlich wurde. Die zweite Massnahme sieht eine Entschädigung für Eltern vor, die ein Kind betreuen, das wegen einer Krankheit oder eines Unfalls gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist. Davon sind gemäss dem EDI jährlich bis zu 4000 Familien betroffen. Heute nehmen Eltern in solchen Fällen unbezahlten Urlaub, lassen sich selbst krankschreiben oder geben die Arbeit vorübergehend ganz auf.

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In seinem Gastkommentar in der «NZZ» titelt Andreas Kley, dass die Gesundheitspolitik des Bundesrates Menschenrechte verletze. Er sagt: «Das schweizerische Gesundheitssystem ist geprägt durch eine Unterfinanzierung von Betreuung und Pflege. Stattdessen wird in Technik, IT und Medikamente investiert. Damit verletzt unser Land die Menschenrechte.» Andreas Kley ist Professor für öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte sowie Staats- und Rechtsphilosophie an der Universität Zürich. Der Schweizer Gesundheitsmarkt hat ein Volumen von etwa 85 Milliarden Franken pro Jahr. In diesem attraktiven Markt liessen sich enorme Umsätze erzielen, so Kley. Es sei allerdings kein normaler Markt mit Anbietern und Nachfragern, sondern es bestehe das bekannte Dreiecksverhältnis von Patienten, Leistungserbringern und Krankenkassen einerseits und der öffentlichen Hand andererseits. Das Parlament sei durchsetzt von zahlreichen Akteuren, die gegenläufige Partikularinteressen verfolgen. Kley ortet «Kosmetische Massnahmen» seitens der Politik, welche auf ökonomische Probleme mit der Einführung von künstlichen Wettbewerben, Scheinprivatisierungen und echten Privatisierungen reagiere.
«In der Schweiz verletzen Parlament und Bundesrat ihre Schutzpflichten grob, indem sie in Gesetzgebung und in Finanzierung strikt am Grundsatz festhalten, dass die Ökonomie der Humanität vorgeht»
Andreas Kley

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In der Diskussionssendung «Club» des Schweizer Fernsehens haben sich ebenfalls Fachleute mit der Frage «Was darf ein Leben» kosten?» auseinandergesetzt. Immer kostenintensivere Hightech-Medizin, immer teurere Medikamente: Der Druck auf das solidarische Gesundheitssystem steigt. Die Gesundheitskosten haben sich in den letzten zwanzig Jahren mehr als verdoppelt. Gesundheitsökonomen sehen hinter dem massiven Kostenwachstum drei Treiber: Den Fortschritt, die steigende Lebenserwartung und unseren Wohlstand. Medizin sei zum Luxusgut geworden, sagen sie, und warnen vor einem Kollaps. Gibt es Grenzen? Was können wir, was wollen wir uns noch leisten? Teilnehmer in der Diskussionsrunde war unter anderen Dr. Roland Kunz, Chefarzt Universitäre Klinik für Akutgeriatrie und Zentrum für Palliative Care sowie Vorstandsmitglied von palliative zh+sh.

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Sterbehilfe auch für gesunde Menschen und ohne ärztliches Rezept, war die Forderung einer Gruppe der Sterbehilfe-Organisation Exit. Seit geraumer Zeit versucht ein Komitee von über 70- und über 80-Jährigen, Exit auf einen liberaleren Kurs zu bringen. An der Generalversammlung im Juni gelang es dem Exit-Vorstand, das Komitee zu bremsen, ist im «Tagesanzeiger» zu lesen. Der Exit-Vorstand stehe diesem Vorhaben kritisch gegenüber und bezweifle, dass gesunde Menschen aus dem Leben scheiden wollen. Ausserdem warne er, dass ein Vorpreschen die bisher grundsätzlich liberale Haltung der Schweiz in Sachen selbstbestimmtes Sterben gefährden könnte.
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