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Mit Patientinnen und Patienten auf Augenhöhe

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(Bildlegende:) Am Onkologiepflegekongress im März ausgezeichnet (v. l.): Sabine Rüegg, Nina Schneider und ihre Dozentin Sara Häusermann (Bild: zVg).

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03. Mai 2019 / Region
Zwei junge Pflegefachfrauen haben für ihre Bachelorarbeit einen Forschungspreis erhalten. Sie setzten sich mit den Vorurteilen auseinander, die onkologische Patientinnen und Patienten gegenüber der Palliative Care hegen. Als Mittel, dies zu ändern, entwickelten sie einen Flyer, der Betroffenen in gut verständlicher Sprache und auf Augenhöhe erklärt, wie sie von der Palliative Care profitieren können.
Sie schreiben nicht «Symptome», sondern «Krankheitszeichen». Sie erklären genau, was mit «Lebensqualität» gemeint ist, nämlich: «Sie sollen mit so wenig belastenden Krankheitszeichen wie möglich leben und Dinge machen können, die Ihnen wichtig sind.» Sabine Rüegg und Nina Schneider heissen die Pflege-Studentinnen, aus deren Bachelorarbeit ein Flyer resultiert ist. Er kann zur Information, Schulung und Beratung von Betroffenen eingesetzt werden kann.

Ende März hat die akademische Fachgesellschaft Onkologiepflege diese Arbeit mit den ersten Preis und 1500 Franken ausgezeichnet. Die Studentinnen hätten ein zentrales Thema der Onkologiepflege gewählt, hiess es an der Preisverleihung. Zudem seien sie methodologisch sauber vorgegangen, auch wenn der Umfang der Untersuchung in einer Bachelorarbeit natürlich beschränkt sei.

Rüegg und Schneider wurden bei ihrer Bachelorarbeit von Dozentin Sara Häusermann begleitet. Die spezialisierte Palliativpflegefachfrau, die zurzeit als Leiterin Entwicklung & Pädagogik des Bachelorstudiengangs Pflege und als Dozentin an der ZHAW tätig ist, besitzt selbst einen Master of Science in Palliative Care und hat die beiden jungen Frauen mit ihrer Begeisterung für den Fachbereich angesteckt. «In meinem Modul thematisiere ich natürlich, dass viele Patientinnen und Patienten aufgrund von Missverständnissen Palliative Care nicht in Anspruch nehmen», sagt Häusermann auf Nachfrage. Auf diesen Hinweis hin hätten die beiden das Thema «Palliative Care? Ich will noch nicht sterben!» gewählt.

Mit End-of-Life-Care gleichgesetzt

In ihrer systematisierten Literaturrecherche untersuchten sie bereits bestehende Studien, in denen bereits erforscht wurde, wie Betroffene Palliative Care wahrnehmen. Sie stellten fest: Oftmals verstehen die Betroffenen etwas Negatives darunter. Sie assoziieren den Begriff mit dem Tod, meinen also, Palliative Care sei mit End-of-Life-Care gleichzusetzen. Sie finden, dass der Begriff ein Stigma trage und ihnen Angst einflösse. Sie erachten den Fachbereich als passive Form von Behandlung oder als minderwertigere Disziplin der Medizin. Es gibt aber auch positive Zuschreibungen: Betroffene sagen, dass sie durch die Palliative Care eine deutliche verbesserte Lebensqualität haben.

Sabine Rüegg und Nina Schneider haben nun einen Flyer als Mittel zur «Patientenedukation» entwickelt. Patientinnen und Patienten so zu beraten und informieren, dass sie den Inhalt auch verstehen, ist ein wichtiger Bestandteil in Sara Häusermanns Unterricht. Sie sagt: «Der Flyer ist natürlich nur ein Mittel, der nie das persönliche Gespräch ersetzt. Er kann der Pflege aber als Einstieg ins Thema oder auch als Ausstieg dienen. Der Patient kann nochmals in Ruhe alles nachlesen.»
«Palliative Care kann durchaus Hoffnung auf Leben geben. Der Schwerpunkt der Hoffnung liegt aber leider nicht darauf, dass die Krankheit geheilt wird. Im Zentrum steht die Hoffnung auf Linderung Ihrer Krankheitszeichen.» Aus dem besprochenen Flyer

Die Autorinnen zielen mit ihrer Patienteninformation auf viele Ängste der Patientinnen und Patienten ab: auf die Angst vor dem Sterben, auf die Angst vor dem Wechsel des Therapieziels von kurativ auf palliativ, auf die Angst vor dem Verlust der Unabhängigkeit. Sie benennen aber auch die Hoffnung als starke Kraft. Sie schreiben unverblümt: «Palliative Care kann durchaus Hoffnung auf Leben geben. Der Schwerpunkt der Hoffnung liegt aber leider nicht darauf, dass die Krankheit geheilt wird. Im Zentrum steht die Hoffnung auf Linderung Ihrer Krankheitszeichen.» Dadurch könne die Patientin vielleicht noch Dinge unternehmen, die ihr wichtig seien. Auch diese Art von Hoffnung könne Kraft spenden.

Die ZHAW selbst habe nicht die Mittel, den Flyer grafisch umsetzen und drucken zu lassen, sagt Häusermann. Sie würden ihn aber jederzeit onkologischen oder Palliativ-Stationen sowie anderen Organisationen der Palliative Care zur Verfügung stellen. Sie könnte sich vorstellen, dass er auch für Fachpersonen hilfreich sei, um die eigene Kommunikation gegenüber Betroffenen zu überdenken und zu schärfen. «Kommunikation ist unserem Fach eine der grössten Künste.»
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