Floria beginnt ihren Spätdienst auf der viszeralchirurgischen Abteilung eines Kantonsspitals in einer Schweizer Stadt. Eine der Pflegenden im Team ist krank, und eine Temporärkraft wird nicht aufgeboten. Floria und ihre Kollegin Bea sind daher nur zu zweit für sechsundzwanzig Patient:innen verantwortlich, und sollen zudem eine Erstsemester-Studentin, Amelie, betreuen.
Mit vollem Herzen bei der Arbeit
Zu Schichtbeginn hilft Floria voller Elan ihrem Kollegen aus dem Frühdienst bei einem Neuzugang, obwohl das eigentlich gar nicht ihre Aufgabe ist. Gleichzeitig sorgt ein Patient, Herr Osmani, für Verzögerungen: Er kommt zu spät zu seiner OP und hält Floria mit seiner Zerstreutheit auf. Als Floria aus der Operationsabteilung auf die Station zurückkehrt, ist sie bereits in Verzug mit ihrer Runde – ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
In jedem Zimmer, das Floria betritt, trifft sie auf ein individuelles Schicksal. Alle Patient:innen sind bedürftig, und jede:r geht anders mit der Krankheit um. Keine Begegnung lässt sich einfach «abarbeiten». Ihr erster Patient, Herr Nana, ist ein Westafrikaner, der darauf wartet, endlich ins CT zu können. Im nächsten Zimmer liegt ein sterbender Mann, Herr Schneider, dessen Tochter jede Minute aufopfernd an seinem Bett verbringt und dabei vergisst, auf sich selbst zu achten. Neben ihm liegt Herr Leu, ein Patient, den Floria bereits kennt, und der ihr sehr am Herzen liegt. Er wartet seit Tagen auf seine Diagnose, macht sich jedoch vor allem Sorgen um seinen Hund. Wer wird nach ihm schauen, wenn das eintritt, was er befürchtet?
Trotz der Hektik gelingt es Floria immer wieder, den richtigen Ton zu treffen und Raum für Momente von Menschlichkeit und Wärme zu schaffen. Sie singt für Frau Kuhn ein Lied. Auch für ein Gespräch mit einer jungen, schwer krebskranken Mutter nimmt sie sich Zeit. Obwohl Floria mit absoluter Professionalität arbeitet und alles tut, um sich gewissenhaft um ihre Patient:innen zu kümmern, gerät ihre Schicht zunehmend aus dem Ruder. Schliesslich kommt es zum Eklat.
Das ist der Hintergrund
Bis 2040 werden gemäss einer Studie der Wirtschaftsprüfung PWC in der Schweiz rund 40'000 Pflegekräfte fehlen. Wie Christina Schumacher, Stv. Leiterin SBK ASI, dem Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, erklärt, sei der Pflegenotstand längst Realität. Kein anderer Beruf habe so viele unbesetzte Stellen. So müssten immer weniger Pflegende immer mehr Patientinnen und Patienten betreuen.
Tagtäglich mit dem Pflegenotstand konfrontiert sehen sich die rund 465’000 Personen, die als Pflege- oder Spitalpersonal arbeiten oder sich in Alters- und Pflegeheimen oder in der Spitex um pflegebedürftige Menschen kümmern. Das Gesundheitswesen ist in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Mehr als 8 % aller Beschäftigten in der Schweiz sind in diesem Wirtschaftszweig tätig. Aber nicht nur der Anteil an Personen, die in der Pflege arbeiten, ist gross, viele Menschen haben auch als Patient:innen oder Angehörige Berührungspunkte zu unserem Gesundheits- und Pflegewesen. In den nächsten Jahrzehnten wird die Bevölkerung der älteren und hochbetagten Menschen in der Schweiz erheblich wachsen. Ein wesentlicher Faktor, der die Entwicklung von Pflegebedürftigkeit bei älteren Menschen beeinflusst, ist auch die Zunahme der Lebenserwartung. Bleibt der Ausbildungsstand auf dem heutigen Level, trotz der immer älter werdenden Schweizer Bevölkerung, ist der Bedarf an Pflegefachpersonen bis ins Jahr 2029 nicht mehr gedeckt. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssten rund ein Drittel mehr Pflegefachpersonen ausgebildet werden.