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Selbstbestimmt leben bis zum Schluss dank Palliative Care

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20. November 2014 / Politik

Stellungnahme von palliative zh+sh zum Beitrag «Wandel von Leiden und Sterben» in der SRF-Sendung «10 vor 10» vom 17. November 2014


Die Sendung «10 vor 10» nahm kürzlich das Thema Lebensende und Selbstbestimmung in einem Fokusbeitrag auf. palliative zh+sh begrüsst die Thematisierung in der Sendung, stellt jedoch fest, dass dabei die Möglichkeit des begleiteten Suizids mit Selbstbestimmung gleichgesetzt wurde. Selbstbestimmung bis zum Schluss wird jedoch auch mithilfe der Palliative Care ermöglicht. Dies aufzuzeigen, hat der ausgestrahlte Beitrag leider versäumt.

Selbstbestimmung ist den Menschen in unserem Kulturkreis in allen Lebensphasen wichtig. Auch in Zeiten schwerer Krankheit, am Lebensende und beim Sterben. «Sterben wird immer mehr zum Projekt», sagt der Theologe Wolfgang Bürgstein denn auch im am Montagabend ausgestrahlten Beitrag «Wandel von Leiden und Sterben» in der SRF-Sendung «10 vor 10». Das Sterben soll nicht mehr einfach passieren, die Menschen möchten darauf Einfluss nehmen. Das Bedürfnis nach Selbstbestimmung bis zum Tod ist ernst zu nehmen. Es ist begrüssenswert, dass die Sendung 10 vor 10 – aus aktuellem Anlass nach dem begleiteten Suizid des Ständerates This Jenny – dieses Thema aufnimmt und beleuchtet.

Der Fernsehbeitrag versäumt es allerdings, die Bedeutung von Palliative Care in diesem Themenkomplex adäquat aufzuzeigen. Der begleitete Freitod mag für einige Menschen der richtige Weg sein. Die meisten Menschen allerdings verzichten auf die Suizidbeihilfe und möchten dennoch ihre Selbstbestimmung nicht aufgeben. Palliative Care unterstützt jede selbstbestimmt getroffene Entscheidung. Betroffene, die Palliative Care in Anspruch nehmen, bestimmen selbst, welche Behandlungen sie noch wollen und welche nicht. Sie entscheiden, wie Schmerzen und andere Leiden bekämpft werden sollen und ob sie allenfalls auch eine Lebensverkürzung in Kauf nehmen. Und sie bestimmen, wo sie schlussendlich einschlafen wollen und wer sie bis zum Schluss begleiten soll. Auch die Frage, wer für sie Entscheidungen treffen darf, falls sie selber einmal dazu nicht mehr in der Lage sind, kann und soll jeder Mensch selber festlegen. In solchen Fragen spielt die Patientenverfügung eine grosse Rolle.

Ein tragendes Netz zur Betreuung bis zum Tod

Palliative Care stellt Selbstbestimmung und die Bedürfnisse und Prioritäten der Betroffenen also in den Mittelpunkt. Sie begleitet und umsorgt, stellt Wissen und Können aus verschiedenen Professionen wie Medizin, Pflege, Seelsorge, Therapie oder Sozialarbeit zur Verfügung, schliesst Angehörige in die Begleitung ein und schafft ein tragendes, respektvolles Betreuungsnetz. Neben seelischer, psychischer und sozialer Not können auch körperliche Leiden dank der Fortschritte in der Palliativmedizin weitestgehend gelindert werden. Der kurze Ausschnitt des 10-vor10-Beitrages aus der Palliative Care Station des Berner Inselspitals vermag hiervon kaum etwas aufzuzeigen. Hingegen wird der Möglichkeit des begleiteten Suizids sehr viel Aufmerksamkeit zuteil und mit «Selbstbestimmung» gleichgesetzt.

Vorsorgen für die Sterbephase

Wie erlebt die Patientin auf der Palliative Care Station des Inselspitals, die im Beitrag vorkommt, die umfassende palliative Begleitung? Welche Bedeutung hat für sie und ihre Angehörigen die letzte Lebensphase? Solche und ähnliche Fragen hätten einen kleinen Einblick in die Palliative Care bieten können. Palliative Care als «Sterbebegleitung» zu bezeichnen, wie das der besprochene Beitrag tut, ist zudem zu kurz gegriffen. Eine umfassende Betreuung im Sinne von Palliative Care setzt früh im Krankheitsprozess ein und sorgt im Idealfall für die Sterbephase vor. So wird vorzeitig über Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen gesprochen. Was heisst für sie Lebensqualität? Was bedeutet für sie Selbstbestimmung? Palliative Care versucht, in jeder Phase einer Krankheit auf die jeweils individuellen Vorstellungen einzugehen. Aus ihrer Sicht ist darum der Trend, sich mit dem eigenen Lebensende zu befassen, begrüssenswert. Um ein «würdevolles Sterben» ermöglichen zu können, sind vorausschauende Planung und intensive Gespräche über Vorstellungen und Ängste am Lebensende wichtig.

Den Sterbeprozess annehmen und gestalten

Palliative Care will den Sterbeprozess weder hinauszögern noch verkürzen. Sie betrachtet Sterben als einen natürlichen Prozess, den es zu begleiten und unterstützen gilt. «Was uns als Menschen ausmacht ist die Fähigkeit, dem Leben und der Endlichkeit des Lebens selbstbestimmt und bewusst entgegenzutreten. Was wir dabei brauchen sind Menschen, die uns beistehen und uns unterstützen», sagt Monika Obrist, Co-Präsidentin von palliative zh+sh. Hier hat Palliative Care viel zu bieten. «Als Pflegefachfrau habe ich oft miterleben dürfen, dass diese letzte Lebenszeit und der miterlebte Tod eines Familienmitgliedes sich als prägende, bereichernde und nicht wegzudenkende Erfahrung für die Angehörigen erwiesen hat», so Obrist. Das Wissen um eine liebevolle und professionelle Sorge und Begleitung, die persönliche Wünsche und die Selbstbestimmung bis zum Schluss respektiert, lasse sie die Herausforderung annehmen, den Sterbeprozess bewusst zu erleben, sagt sie.


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