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Studie über die Auswirkungen der Fallkostenpauschale

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18. Dezember 2011 / Politik
Die Einführung der Fallkostenpauschale (Diagnosis Related Group DRG), die in der Schweiz per 1.1.2012 erfolgt, sorgt für Unsicherheit. Über ihre Auswirkungen wird viel spekuliert. Das Institut Dialog Ethik und die Markt- und Sozialforschung gfs-zürich untersuchen nun in einer Studie, welche Auswirkungen die Swiss-DRG auf die Behandlung durch Hausärzte, auf die Betreuung durch die Spitex sowie durch Alters- und Pflegeheime hat. Im Fokus stehen dabei vulnerable Patientengruppen, insbesondere ältere und gebrechliche Menschen.

Die politischen Debatten um das schweizerische Gesundheitssystem, die jährlichen Diskussionen über den Prämienanstieg sowie der demografische Wandel lassen verstärkt die Frage aufkommen, was wir uns noch leisten können. Unter diesem Kostendruck ist auch die nicht unumstrittene Einführung der DRGs im nächsten Jahr zu sehen. Die Behandlung der Schwerstkranken, Behinderten etc. muss weiterhin nach solidarischen Kriterien gewährleistet sein. Im Zusammenhang mit einem immer stärker ökonomisch ausgerichteten Gesundheitswesen bedarf es hier einer besonderen Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund entschieden die Verfasser der Studie «Vulnerable Gruppen & DRGs», die Auswirkungen der DRG-Einführung auf vulnerable Patientengruppen zu prüfen.

Die erste Befragung wurde vor der Einführung der DRGs durchgeführt. Die gleichen Fragen werden in rund eineinhalb Jahren erneut gestellt. So sollen Behandlung und Betreuung vor und nach der Einführung verglichen werden können.

Die erste Befragung vor der Einführung der DRGs förderte folgende Hauptresultate zutage:

  • Die vulnerablen Patienten benötigen zwei- bis dreimal so viel Zeit wie andere Patienten. Alle Befragten sind der Meinung, dass sie über das medizinisch-fachliche Knowhow für die Bedürfnisse vulnerabler Patienten verfügen. Einschränkungen gibt es in Bezug auf die ethisch-menschlichen Anforderungen sowie die zeitlichen Ressourcen.

  • Die zeitliche Kapazität der Spitäler schätzen die meisten Befragten als kritisch ein. In den Spitälern sei der Spardruck besonders gross, was dazu führe, dass die Zeiteinheiten pro Patient kürzer würden. Dies läuft genau den Bedürfnissen der vulnerablen Patienten zuwider, die ja eher mehr Zeit benötigen.

  • Hospitalisierungen aus medizinischen Gründen erfolgen bei akuten Problemen, bei Pflegenotfällen sowie zur Neueinstellung von Medikamenten.

  • Spitaleinweisungen aus psychosozialen Gründen kommen vor, in aller Regel brauchen keine medizinischen Gründe vorgeschoben zu werden.

  • Mit dem Austrittszeitpunkt aus dem Spital sind die Befragten grundsätzlich zufrieden. Sie wünschen sich aber zum Teil eine frühzeitige Information und bessere Absprache von Seiten der Spitäler. Psychosoziale Gründe werden beim Austrittsentscheid nicht berücksichtigt. Darauf, ob der Anschluss gewährleistet ist, wird nicht genügend Rücksicht genommen. Alle Befragten fühlen sich aber grundsätzlich in der Lage, die vulnerablen Patienten nach dem Austritt aus dem Spital ihren beruflichen Qualitätsstandards entsprechend zu betreuen.

  • Ein generelles Grundproblem scheint die Finanzierung von Übergangslösungen zu sein.

  • Beim heutigen Tarifsystem wird nach Zeittarif abgerechnet. Allerdings weisen viele Befragte darauf hin, dass die Vergütung in der Regel nicht dem Aufwand entspricht.

  • Das bisherige System wird als relativ flexible Lösung gesehen, die individuelle Entscheidungen ermöglicht.

  • Ein Hauptproblem ist heute die Finanzierung, welche die vulnerablen Patienten zu unbeliebten Kunden macht.

  • In der bedarfsgerechten und transparenten Finanzierung sehen die meisten die grössten Chancen der Umstellung auf die Swiss DRGs.

  • Man verspricht sich vom neuen System effizientere Patientenwege, weniger «unnötige» Behandlungen und klarere Abklärungen, weil Fehlbeurteilungen teurer werden.

  • Die Befragten sehen im neuen System viele Risiken. Die Befürchtung ist gross, dass die Patienten zum reinen Kostenfaktor verkommen, dass also die Ökonomie dermassen im Vordergrund steht, dass es zu Qualitätseinbussen kommen wird. Gerade bei komplexen Patienten bestehe die Gefahr, dass man ihnen nicht mehr gerecht wird.

  • Hausärzte befürchten, dass eine Lawine an Arbeit auf sie zukommt. Heime und Spitex erwarten neue technische und personelle Herausforderungen für den Fall, dass Patienten früher entlassen werden.

  • Die einen befürchten dadurch neue Komplikationen oder auch die Verhinderung einer möglichen Rehabilitation; andere sehen darin durchaus eine Chance, dass Patienten bestärkt werden und verloren geglaubte Ressourcen und Lebensqualität wieder erlangen, wenn sie sich zu Hause erholen können.

Die Studie kann gedruckt bestellt werden für CHF 25.-, oder hier gratis heruntergeladen werden.