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Wie Menschen mit intellektueller Behinderung
palliativ betreut werden können

Wie Menschen mit intellektueller Behinderung <br>palliativ betreut werden können

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Erwachsene mit einer intellektuellen Behinderung am Lebensende

In der Schweiz leben rund 20'000 Erwachsene mit einer intellektuellen Behinderung. Im Alter von vierzig Jahren leben rund 75 Prozent der Erwachsenen mit einer intellektuellen Behinderung in einem Wohnheim der Behindertenhilfe. Da auch die Lebenserwartung von Personen mit einer intellektuellen Behinderung zunimmt, wird es künftig immer häufiger vorkommen, dass Personen, die viele Jahre in einem Wohnheim gelebt haben, dort auch ihren Ruhestand antreten und vielleicht auch im Wohnheim sterben. Weil im Alter unheilbare Krankheiten häufiger auftreten, wird der Betreuungsaufwand grösser; Palliative Care wird zunehmend erforderlich.

Das durchschnittliche Sterbealter liegt mit rund 57 Jahren rund 25 Jahre tiefer als in der allgemeinen Bevölkerung (Bundesamt für Statistik 2014). Dies weist darauf hin, dass eine palliative Versorgung häufig bereits vor dem Erreichen des Pensionsalters ein Thema ist und damit auch Wohnheime betrifft, in denen Personen mit einer intellektuellen Behinderung während ihres Berufslebens wohnen.
(BAG)

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26. Mai 2015 / Politik
Das Bundesamt für Gesundheit BAG beauftragte die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik HfH, den Handlungsbedarf im Bereich Palliative Care für Menschen mit einer intellektuellen Behinderung in den Wohnheimen der Behindertenhilfe aufzuzeigen. Die HfH schlägt in ihrem Bericht entsprechende Massnahmen vor.

Aufgrund der Ergebnisse aus der Studie «PALCAP - Palliative Care in den Wohnheimen der Behindertenhilfe», die im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 67 «Lebensende» durchgeführt wurde, leitete die HfH vorhandenen Handlungsbedarf ab. An einem Workshop, an dem sowohl Personen aus den kantonalen Sozial- und Gesundheitsdirektionen als auch Vertreterinnen und Vertreter interessierter Verbände und Vereine teilnahmen, wurden die vorgeschlagenen Massnahmen diskutiert und priorisiert. Das Resultat liegt seit Kurzem in Form eines Berichtes vor.

Im Fazit dieses Berichtes schreiben die Autor_innen aufgrund der durchgeführten Befragungen, in zwei Dritteln aller Wohnheime bestehe im Grundsatz für die Bewohnerinnen und Bewohner die Möglichkeit, bis ans Lebensende im Wohnheim bleiben zu können. Dies entspreche auch dem Wunsch vieler Bewohnerinnen und Bewohner, der Angehörigen und der Betreuenden, die diese Begleitung bis zum Lebensende als ihre Aufgabe betrachteten.

Palliative Care Leitlinien für die Wohnheime

Damit dies möglich ist, ist es gemäss dem Bericht nötig, dass in den Teams der Institutionen das nötige Bewusstsein und Verständnis dafür geschaffen wird, «dass es palliative Situationen gibt, dass die Pflege am Lebensende machbar ist und es nicht unbedingt eine Überweisung ins Spital braucht». Eine gute Kommunikation im Team sowie klare Regelungen, Strukturen und Vereinbarungen seien diesbezüglich sehr hilfreich. «Es ist daher wichtig, dass Palliative Care Leitlinien vorhanden sind und diesbezügliche Weiterbildungen gemacht werden», heisst es weiter im Bericht. Auch eine Sensibilisierung der Betreuenden und Pflegenden bezüglich der ethischen Fragen bei Entscheidungen am Lebensende sei von grundsätzlicher Bedeutung. Die Verfasser_innen empfehlen den Institutionen darum, Schulungen zu solchen Fragen anzubieten sowie «geeignete Instrumente zur Erfassung der Wünsche und der Urteilsfähigkeit der Personen zu schaffen und Zuständigkeiten zu klären».

Auf kantonaler Ebene ist es laut dem Bericht nötig, dass sich die Sozial- und Gesundheitsdirektionen und die Wohnheime der Behindertenhilfe regelmässig austauschen bezüglich Palliative Care für Menschen mit einer lebenslangen Behinderungserfahrung. Die Betroffenen sollten zudem in den kantonalen Palliative-Care-Strategien berücksichtigt werden und kantonale Netzwerke, wie die Sektionen von palliative ch, sollten die Wohnheime der Behindertenhilfe miteinbeziehen. In den Kantonen könne die Grundversorgung zudem durch den Aufbau von Palliative-Care-Kompetenzen in diesen Wohnheimen gestärkt werden. Und Mobile Palliative Care Dienste – die noch nicht in allen Kantonen vorhanden seien – «könnten für die Wohnheime der Behindertenhilfe eine wichtige Unterstützung bei der Behandlung und Begleitung von Menschen am Lebensende sein».

Thema in der medizinischen Ausbildung berücksichtigen

Auch auf nationaler Ebene sehen die Autor_innen des Berichtes Handlungsmöglichkeiten. Sie schreiben, in der nationalen Strategie Palliative Care, beziehungsweise den Folgearbeiten, sollten «die spezifischen Herausforderungen der Wohnheime der Behindertenhilfe bezüglich Palliative Care berücksichtigt werden». Im Unterschied zu anderen Langzeiteinrichtungen wie Pflegeheimen wohnten die Bewohnenden dieser Heime oft schon seit Jahrzehnten dort. Auch seien die Wohnheime vielmehr sozialpädagogisch ausgerichtet und verfügten über wenig Pflegepersonal. Unterstellt seien sie zudem oft nicht den Gesundheitsdirektionen, sondern den Sozialdirektionen. Diese Unterschiede müssten stärker in die weitere Entwicklung der Palliative Care einbezogen werden.

Ausserdem schreiben die Autor_innen: «In der Aus- und Weiterbildung von Pflegenden und Ärztinnen und Ärzten ist die Begleitung am Lebensende von Menschen mit einer lebenslangen Behinderungserfahrung und Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung zu berücksichtigen.»
BAG, HfH, palliative zh+sh