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Fünf Fragen an Annette Ciurea

Fünf Fragen an Annette Ciurea

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Steckbrief Annette Ciurea

Name: Annette Ciurea
Alter: 52
Beruf: Ärztin
Arbeitsort: Palliative Care Station Spital Männedorf
Ausbildung: Fachärztin Allgemeine Innere Medizin mit den Schwerpunkten Geriatrie, sowie psychosomatische und psychosoziale Medizin; Palliative Care Level B2; Diploma of Advanced Studies «Ethische Entscheidungsfindung in Organisationen»


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26. Oktober 2020 / Vermischtes
Damit Betroffene (Patientinnen, Patienten und ihre Angehörigen) palliativ betreut und begleitet werden können, braucht es den Einsatz von Fachpersonen und Freiwilligen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Pallnetz.ch interviewt regelmässig Menschen aus der Region, die in Palliative Care tätig sind und stellt allen dieselben fünf Fragen.
1) Wie begleiten Sie Schwerkranke und Sterbende?
Mit Individualität und Flexibilität: Jeder Mensch und jedes Familiensystem ist anders. Ich versuche herauszufinden, welche Ängste und Überzeugungen vorliegen im Hinblick auf das Lebensende. Was ist dieser Person und ihrem Umfeld wichtig. Das bedeutet für mich auch, andere Haltungen zu respektieren, sei es zu Ernährung oder Einstellen einer Behandlung. Hier spielen oft kulturelle Unterschiede eine Rolle. Oft gilt es auch, schwierige Situationen und Emotionen aushalten zu können, seien es die Verdrängung einer fortgeschrittenen Krebserkrankung oder die Ungewissheit wie lange noch jemand zu leben hat. Hier helfen mir der Austausch im interprofessionellen Team, meine langjährige klinische Erfahrung und Training in Kommunikation.

2) Was ist Ihr Ziel bei der täglichen Arbeit?
Herauszufinden, was jetzt grad wichtig ist für den Patienten und sein Umfeld. Überprüfen, ob der Plan, den wir haben immer noch der Richtige ist und ob wir ihn mit den getroffenen Massnahmen erreichen können, sei es Symptomlinderung, eine gelingende Austrittsplanung oder die Begleitung im Sterbeprozess.

3) Was braucht es, damit Sie Ihr Ziel erreichen können?
Offenheit im ganzen Behandlungsteam und kritisches Hinterfragen unserer Zielsetzungen. Auch Feinfühligkeit ist gefragt. Gute Kommunikation ist essentiell – mit allen Beteiligten, insbesondere natürlich mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen.

4) Welche Begegnung hat Sie zuletzt persönlich berührt?
Ein 70 jähriger Mann, den wir wegen einer schweren Erkrankung zunächst mit kurativem Ansatz behandelt haben und der im Verlauf einen Therapieabbruch und Wechsel in ein palliatives Konzept wünschte. Er hatte den Wunsch, wie über einen flachen See vom Diesseits ins Jenseits gleiten zu können, mit nur minimen Wellenschlag. Er konnte mit einfachen Worten ein sehr friedliches Bild von seinem Sterben beschreiben, fast schon poetisch. Dabei strahlte er eine Ruhe und Klarheit aus, die mich sehr beeindruckt haben.

5) Wo sehen Sie Handlungsbedarf in der Palliative Care?
Das Bild von Palliative Care in der Öffentlichkeit kann ruhig noch mehr wegkommen von der Fokussierung auf den Sterbeprozess und noch mehr hin zur Disziplin, die eine umfassende Begleitung bei schweren Erkrankungen mit chronisch-progredientem Verlauf anbieten kann. Noch immer kommen viele Patienten meiner Meinung nach zu spät in Kontakt mit Palliative Care. Es hat sich schon sehr gebessert in den letzten Jahren mit den Anstrengungen auf politischer Ebene, dem Thema der Patientenverfügung und auch diversen Publikationen über den Erfolg der Palliative Care. In der Umsetzung im klinischen Alltag erlebe ich aber immer noch bei vielen Personen (Patienten wie auch Fachpersonen) eine Hemmung, den Kontakt zu Palliative Care zu suchen – dies hat sicher auch mit unserer Hemmung zu tun, uns mit unserer Endlichkeit auseinander zu setzen.
palliative zh+sh, Christina Günther