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Sensibilisieren, vernetzen, finanzieren

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Von knapp mehr als 600 Mitgliedern nahmen 117 an der Umfrage teil. (Screenshots: gme)

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21. Dezember 2020 / Region
20 Prozent der Mitglieder von palliative zh+sh haben im Herbst an einer Mitglieder-Umfrage teilgenommen. Das Ergebnis zeigt die drängendsten Fragen, die sich die Basis stellt, etwa jene nach kostendeckenden Tarifen für die Umsetzung von Palliative Care im ambulanten Setting. Besonders gross ist der Wunsch nach verbesserter Zusammenarbeit an den Schnittstellen zwischen den Leistungsbereichen. Der Vorstand von palliative zh+sh bindet die Ergebnisse der Umfrage in seine strategischen Ziele ein.
Die Umfrage, die palliative zh+sh im Herbst an alle Mitglieder verschickt hatte, stiess auf grosse Resonanz. Etwas mehr als 20 Prozent der 600 Mitglieder nahmen an der Befragung teil und erläuterten ihre Auswahl der Antworten in zahlreichen Kommentaren (siehe detaillierte Auswertung unter «Dokumente zum Thema»). Üblich bei Kundenumfragen ist jeweils ein Rücklauf von 5 bis 15 Prozent. Das Engagement der Mitglieder nahmen Vorstand und Geschäftsleitung an ihrer Retraite im November erfreut zur Kenntnis.

Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sehen die Mitglieder als speziell wichtigen Punkt, der in die künftige Arbeit von palliative zh+sh einfliessen soll. Mehr als 71 Prozent der Befragten setzten hier ihr Häkchen und nutzten die Möglichkeit, ihre Antwort zu kommentieren. «Ich erlebe in meinem direkten Umfeld viele Personen, die keine Ahnung von Palliative-Care-Angeboten haben.» «Die Sensibilisierung der Bevölkerung nimmt zu, ist aber teilweise noch immer von eklatanten Falschananahmen und Mythen geprägt. Sogar unter den Fachleuten ist dies zu beobachten.» Oder «Palliative Care in der Bevölkerung sensibilisieren, dass es nicht nur spezialisiert ist, sondern z.B. auch für betagte Menschen zugänglich ist und mehr verankert werden muss im 'normalen' Pflegealltag von betagten Menschen.»
«Die Tarife der ambulanten Fachpflege sind generell für eine spezialisierte Organisation mit 24-Stunden-Abdeckung knapp bzw. nicht kostendeckend.» Kommentar aus der Befragung

Noch mehr Zustimmung bei dieser ersten Frage nach den Schwerpunkten, für die sich palliative zh+sh in den nächsten drei Jahren einsetzen soll, zeigte sich bei der Antwortmöglichkeit zur kostendeckenden Finanzierung mit über 75 Prozent. «Mehr Hospiz-Angebote, transparente, gerechte Tarife, kein Marktanreiz. Ich empfinde es als störend, dass schwerkranke Menschen nur eine bestimmte Zeit palliative stationäre Angebote in Anspruch nehmen dürfen, dann verlegt werden.» «Die Kosten sollten gedeckt werden, sonst kann Palliative Care nicht oder zu wenig in Anspruch genommen werden.» Oder «Die Tarife der ambulanten Fachpflege sind generell für eine spezialisierte Organisation mit 24-Stunden-Abdeckung knapp bzw. nicht kostendeckend», lautete die Stossrichtung vieler Kommentare.

Angebote für jüngere Patienten fehlen
Eine andere Frage befasste sich mit den Leistungsbereichen, in denen Palliative Care aktiv weiterentwickelt werden soll. Eigentlich überall, könnte man zusammenfassend sagen. Deutlich über die Hälfte der Befragten sprachen sich für die Weiterentwicklung von Palliativstationen in Langzeitinstitutionen, Hospize, spezialisierte ambulante Palliativversorgung sowie eine Verbesserung der Zusammenarbeit an den Schnittstellen zwischen den Leistungsbereichen aus. Argumentiert wurde beispielsweise, dass sich je nach Grösse einer Spitex der Aufbau eines eigenen Palliative-Care-Teams nicht lohnt. «Hier sollen Teams zum Einsatz kommen, welche die komplexen Fälle in einem grösseren Geschäftsbereich abdecken können.» «Es wäre oft sinnvoll man würde an den Schnittstellen das Ziel der Patientinnen und Patienten klarer formulieren. Notfallpläne sind wichtig, für viele aber nicht die einzige Unterstützungsmöglichkeit.» Zudem würden die Ärztinnen und Ärzte im Spital Notfallpläne schreiben, ohne sich mit der Pflege abzusprechen, was dem Patienten wirklich helfe. In mehreren Kommentaren wird festgestellt, dass es an Hospizplätzen fehle und insbesondere keine Angebote für jüngere Patientinnen vorhanden seien.
«Ist ja palliativ, da machen wir nichts mehr.» Kommentar aus der Befragung

Ebenfalls deutlich zeichnete sich ab, welche Faktoren eine gute Palliative-Care-Versorgung hindern. Über 67 Prozent sind der Ansicht, dass eine ungenügende Erfahrung oder Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten dazu führen kann, 43 Prozent machen einen diesbezüglichen Mangel bei der Pflege aus. «Wenn ein kranker Mensch als ‘palliativ’ gelabelt wird und daraufhin fast sämtliche Medikamente abgesetzt werden, so stellen sich bei mir die Haare auf! – ‘Ist ja palliativ, da machen wir nichts mehr’ ist dann oft die Antwort von ärztlicher wie von pflegerischer Seite», so einer der Kommentare. Mit jeweils rund 60 Prozent rangieren die beiden Antwortmöglichkeiten «Mangel an qualifizierten Pflegenden» sowie «Mangel an Zeit für Gespräche mit PatientInnen und Angehörigen.» 54 Prozent klickten die Antwort «Palliative-Care-Bedürfnisse werden nicht erkannt.» Die Kommentare dazu sind deutlich: Es sei schon lange bekannt, dass Zeitmangel ein behindernder Faktor sei. So könne oft nur ein Bruchteil der Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Eine gute Information an Angehörige sei ebenfalls gewinnbringend. «Das Können nimmt mit der Erfahrung zu, die Wahrnehmung muss verbessert werden, um Bedürfnisse zu erkennen, Early Palliative Care einbeziehen.» Und: «In der Fachwelt herrscht immer noch der Glaube, dass Palliative Care ‘nur’ Sterbebegleitung’ ist. Ergo werden viele Palliative Care Bedürfnisse nicht erkannt.»

Wachsende Community in der Bevölkerung
Über 70 Prozent halten die direkte Kontaktnahme in die Politik von Seiten des Verbandes die beste Möglichkeit, um Palliative Care breiter abzustützen. Knapp 65 Prozent wünschen sich mehr öffentliche Veranstaltungen oder Diskussionspodien, um die breite Bevölkerung für Palliative Care zu sensibilisieren. Angeregt wird auch der direkte Kontakt zu den Grundversorgern sowie individuelle Weiterbildungsangebote in den Institutionen. Die meisten der Befragten sehen insbesondere die fachlichen Informationen zu Palliative Care als Gewinn ihrer Mitgliedschaft (79 Prozent). Über 80 Prozent schätzen es, dass sie permanent über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werden. Ihre Informationen holt eine grosse Mehrheit (64 Prozent) über die Website von palliative zh+sh (www.pallnetz.ch) und den regelmässigen Newsletter der Sektion (81 Prozent), nur wenige haben sich den Social-Media-Kanälen angeschlossen. Dass sich beispielsweise auf Facebook mit über 1300 Followern eine sehr beachtenswerte Community gebildet hat, lässt den erfreulichen Schluss zu, dass damit die Bevölkerung erreicht werden kann.

Der Vorstand hat sich an seiner Retraite eingehend mit den Umfrageergebnissen befasst. Verschiedene Arbeitsgruppen entwickeln die Erkenntnisse nun weiter und nehmen diese gezielt in die strategischen Ausrichtungen mit. Ein besonderes Augenmerk soll beispielsweise der Early Palliative Care mit eigenen Artikeln auf der Website und einer gezielten Medienkampagne zukommen, um mehr Sensibilisierung bei Fachpersonen und der Bevölkerung zu erreichen.
palliative zh+sh, Gabriela Meissner