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Medienschau Februar 2023

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen des vergangenen Monats. (Bild: gme)

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07. März 2023 / Medien
Im Oberwallis startet der Bau für ein Hospiz, das Hospiz Aargau prüft einen zweiten Standort. Alle finden Hospize sinnvoll – und trotzdem stecken diese in finanziellen Nöten. Diese und weitere Themen in unserer Medienschau vom Monat Februar.
Das Hospiz in Luzern Littau ist eines von neun, die es in der Schweiz gibt. Weitere sind in Planung oder im Bau. Dass Hospize eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen spielen und eine Lücke füllen, ist unbestritten. Aber sie haben mit grossen Finanzsorgen zu kämpfen. «Wir fallen zwischen Stuhl und Bank», sagt Sibylle Jean-Petit-Matile gegenüber der NZZ. Sie ist Ärztin im Hospiz Littau und Vizepräsidentin des nationalen Dachverbandes der Hospize. Eines der Probleme: Die Hospize gelten heute als Pflegeheime. Doch der Maximalbetrag, den Krankenkassen und öffentliche Hand für einen Tag im Pflegeheim zahlen, ist zu tief, um die Kosten eines Hospizes zu decken. «Wir brauchen viel mehr Personal, so viel wie eine Akutklinik», sagte Sibylle Jean-Petit-Matile. «Wir nehmen uns Zeit für die Menschen. Nur so entsteht eine vertraute Beziehung. Und nur so können wir ihnen beim Übergang vom Leben in den Tod helfen.» Rund 800 Franken pro Tag kostet ein Patient, eine Patientin im Hospiz Zentralschweiz. Bei der durchschnittlichen Verweildauer von 20 Tagen kommen so 16 000 Franken zusammen. Manche Patientinnen und Patienten bleiben über Monate. Selbst müssen sie 23 Franken pro Tag für die Pflege bezahlen und 250 Franken für die Hotellerie. Bei jungen Patienten kommt hinzu, dass sie meist noch eine Familienwohnung haben, welche weiterhin bezahlt werden muss. Das Hospiz hilft, wenn die Patienten für die Kosten nicht aufkommen können. Aber dadurch entstehen rote Zahlen.

Ärgerlich ist die Unterfinanzierung aus Sicht der Ärztin auch deshalb, weil die Alternative zu einem Aufenthalt im Hospiz deutlich teurer wäre. Meistens wäre das eine Einlieferung ins Spital. Die Durchschnittskosten pro Patient und Tag betragen dort 2500 Franken, also dreimal so viel wie im Hospiz. Deshalb hätten eigentlich auch die Krankenkassen, die bei einem Spitalaufenthalt 45 Prozent der Kosten übernehmen müssen, ein Interesse an einer Stärkung der Hospize. Bisher würden sich die Verbände der Krankenkassen aber kaum bewegen, sagt Sibylle Jean-Petit-Matile. Sie setzt ihre Hoffnungen nun in die Politik.

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Einen entscheidenden Schritt in Richtung Unterstützung von Palliative Care haben Regierung und Kantonsrat im Kanton Schaffhausen gemacht (siehe unseren Bericht «Schaffhausen: Kredit für palliative Versorgung gesprochen»). Der Kantonsrat war sich an seiner Sitzung Ende Februar einig: Ohne eine einzige Gegenstimme folgte er dem Antrag der Regierung und genehmigte einen Kredit von knapp 1 Million Franken, um die palliative Spezialversorgung im Kanton nach der laufenden Pilotphase fortzuführen. Damit finanziert wird ein Sterbehospiz sowie ein spezialisierter mobiler Dienst. Das Ziel, mit dem neuen Dienst unter anderem die letzte Lebensphase zu verbessern und Spitaleinweisungen zu vermeiden, sei weitestgehend erfüllt worden, so die Meinung aller Fraktionen.
«Wünschenswert wäre ein weiteres Hospiz im Süd-West-Aargau»

Rund 3000 Pflegetage wurden im Hospiz Aargau in Brugg im vergangenen Jahr geleistet, nie fiel die Bettenauslastung unter 90 Prozent, sagt Geschäftsführer Dieter Hermann mit dem Blick zurück auf 2022. Ansonsten gab es Vollbelegung mit Warteliste. Die Zahl der Todesfälle ist im vergangenen Jahr auf 124 gestiegen, 2021 waren es noch 99 Menschen, die im Hospiz gestorben sind. «Die Patienten kamen wesentlich später zu uns und hatten eine drastisch kürzere Lebenszeit», erklärte der Geschäftsführer gegenüber der Aargauer Zeitung. Heute wollen die meisten möglichst lange zu Hause bleiben, gleichzeitig haben einige Spitäler Abteilungen geschlossen.
Seit längerem ist der Verein in Brugg wegen der hohen Auslastung auf der Suche nach einem zweiten Standort im Kanton. Wünschenswert wäre ein weiteres Hospiz im Süd-West-Aargau, sagt Dieter Hermann. Fast wäre das Vorhaben im letzten Jahr geglückt. Lange Zeit stand ein Objekt in der Nähe des Spitals Zofingen im Fokus. «Schlussendlich mussten wir uns aus Gründen der finanziellen Machbarkeit von dieser Immobilie verabschieden.» Zwischen 800 und 1000 Quadratmeter Nutzfläche mit einer Kapazität von zehn bis zwölf Betten werden benötigt. Der Budgetrahmen liegt zwischen 3 und 4 Millionen Franken.

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Die ersten Schritte zur Umsetzung des kantonalen Palliative-Care-Konzepts sind im Wallis vollzogen. Das Departement für Gesundheit, Soziales und Kultur (DGSK) vergibt zwei neue Dienstleistungsmandate im Bereich der Palliative Care. Ein Mandat wird an palliative-vs vergeben. Mit dem Mandat soll zu den Themen Lebensende und Palliative Care sensibilisiert, informiert, beraten und weiterverwiesen werden. palliative-vs wird digitale Kommunikationstools entwickeln, eine Telefonsprechstunde an einem Nachmittag pro Woche einrichten sowie Infoanlässe organisieren. Das andere Mandat wird an das Spital Wallis vergeben und damit auf die steigende Nachfrage nach spezialisierten Palliative-Care-Konsultationen reagiert. Auch sollen regelmässige Schulungen in spezialisierter Palliative Care für die Ansprechpersonen der Gesundheitseinrichtungen im Kanton angeboten werden.

«Schon vor dem Tod über den Tod sprechen»

«Die Trauer kommt in Wellen», sagt eine Witwe mit zwei kleinen Kindern im «Mamablog» des Landboten. Ihr Mann ist im Mai letzten Jahres an Krebs gestorben. «Kurz vor Weihnachten 2021 spürte er, dass etwas nicht stimmte. Im Januar 2022 erhielt er die Diagnose Krebs». Dann ging alles sehr schnell. Wie geht es der jungen Mutter jetzt im Alltag? Was gibt ihr Kraft? «Unsere Kinder. Für sie gebe ich jeden Tag mein Bestes. Klar, das gelingt nicht immer. «Schritt für Schritt» ist mein Motto, seit mein Mann gestorben ist.» Und was rät sie anderen Müttern mit minderjährigen Kindern, deren Vater schwer krank ist? «Hol dir Hilfe und sprich mit den Kindern schon vor dem Tod über den Tod», ist ihr Rat. Ihre Kinder seien bereits während der Krankheit des Vaters in einer Therapie gewesen. Dies habe ihnen nun bei der Verarbeitung geholfen. Sie hatten bereits während der Krankheitszeit des Vaters gewusst, dass Papis Überleben nicht sicher war.
«Wenn wir diese 17 Tage mit ihm nicht gehabt hätten …»

Der wohl berührendste Medienbeitrag im Februar kommt von Radio SRF: Ein Bericht über die palliative Begleitung eines Neugeborenen. Rebecca und Daniel erfahren im achten Monat Schwangerschaft, dass ihr Kind schwer krank ist. Was sollen sie machen? Abtreiben? Das Kind gebären und mit Operationen am Leben erhalten? Beides stimmt für das Paar nicht. Sie entscheiden sich für den palliativen Weg und damit dazu, das kurze Leben und den frühen Tod ihres Sohnes so erträglich und schön wie möglich zu machen. Es ist der richtige Weg, da sind sie sich heute sicher. Schon zwei Tage nach der Geburt darf Yuri nach Hause, die Eltern bekommen Unterstützung von der Kinderspitex. 17 Tage dauert sein Leben. Und es sind 17 Tage voller Liebe und Leben für die kleine Familie. Sie empfängt viel Besuch in diesen Tagen, Yuri lernt seine Verwandten kennen. «Jemand hatte Yuri immer im Arm», sagt der Vater rückblickend. Jeden Abend verabschieden sich die Eltern von Yuri, selbst aber schlafen sie kaum. Emotional durchlaufen sie eine Achterbahn: «Einerseits ist da Glück und Freude, weil wir unser Kind in den Armen halten», erklärt Rebecca. «Gleichzeitig ist da auch das Wissen, dass er bald sterben wird.» Daniel ergänzt: «Das Schönste und Schrecklichste im Leben trifft gleichzeitig ein.» Es sei sehr schwierig gewesen, ihr Baby gehen zu lassen. «Aber ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwierig es wäre, wenn wir diese 17 Tage mit ihm nicht gehabt hätten.»

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«Das Hotel Chavez in Ried-Brig wird abgerissen»

Voran geht es mit dem ersten Oberwalliser Hospiz. Der Verein kann in diesen Tagen mit den Hauptarbeiten beginnen. Das alte Hotel Chavez in Ried-Brig wird abgerissen und weicht einem Neubau. Nach diversen Abklärungen wurde Ende Oktober entschieden, dass ein Umbau zu aufwendig wäre und zu teuer käme. Als Lösung wurde ein kompletter Neubau präsentiert, mit dessen Bau nun gestartet wird. Im Januar 2024 schon soll das Gebäude stehen, wie Vereinspräsidentin Evelyne Crettaz sagt. Das Hospiz mit sieben Zimmern nimmt Menschen ab dem 18. Lebensjahr für ihre letzte Lebensphase auf, wenn eine Behandlung im Spital nicht mehr notwendig und die Betreuung zu Hause nicht möglich ist. Zusätzlich wird es eine Ferienwohnung geben zur Entlastung von Familien mit körperlich und geistig schwer beeinträchtigten Kindern. Dort soll ihnen eine kurze Auszeit ermöglicht werden.

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In der Zeitung «Werdenberger&Obertoggenburger» erschien Anfang Februar ein Interview mit Martin Bürki. Der Coach aus Rüthi und Vorstand des Hospiz-Dienstes Rheintal hat ein Buch darüber geschrieben, was Selbstwert, Vergebung und Respekt mit Selbstachtsamkeit zu tun haben. Ein Teil des Buches widmet sich dem Thema Sterben. «Als Sterbebegleiter habe ich erfahren, dass Selbstachtsamkeit am Lebensende fast immer ein Thema ist», sagt Martin Bürki. Um dies verständlich zu machen, beschreibe er, wie Persönlichkeit und Charakter eines Menschen entstehen und spanne den Bogen bis zum Lebensende. Der Coach engagiert sich im Hospiz-Dienst Rheintal als Sterbebegleiter. Er begleite chronisch Kranke und Sterbende aus der tiefen Überzeugung heraus, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Es bereichere ihn, am Ende eines Lebens präsent zu sein, zu schweigen oder sowohl über Alltägliches als auch spirituelle Themen zu sprechen. «An Einsätzen komme ich tiefer zu mir selbst und werde eingemittet.» Er sei durch seine Arbeit demütiger geworden. Der Titel seines Buches lautet «An mir selbst wachsen …!». Trifft das also auch für ihn zu? Martin Bürki: «Meine Zuversicht, dass ich mit dem umgehen kann, was auf mich zukommt, ist grösser geworden.»
«Sie bangen bei jeder Untersuchung mit»

Einen geliebten Menschen loszulassen, weil er sterben wird, ist unheimlich schwierig. Was es heisst, einen Angehörigen an Krebs zu verlieren, erzählen Mirjam und John im Podcast der Krebsliga. Sie durchlebten die Höhen und Tiefen gemeinsam mit ihren Liebsten – eine belastende Aufgabe. Denn vom Leben mit Krebs sind die ganze Familie und auch nahe Freunde stark betroffen. Sie sind an vorderster Front, wenn es um Entscheidungsfindung geht. Und sie bangen bei jeder Untersuchung mit. Mirjam und John sind beide Peer auf der Plattform der Krebsliga Schweiz (pallnetz.ch berichtete darüber im Artikel «Mit den eigenen Erfahrungen anderen Erkrankten helfen»). Sie unterstützen Angehörige und Schwerkranke mit ihren Erfahrungen – weil sie selbst eine ähnliche Situation erlebt haben und in aller Tiefe verstehen, was Menschen mit Krebs und ihre Familie in dieser schwierigen Zeit erleben.
palliative zh+sh / Bettina Weissenbrunner