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Medienschau März 2016

Medienschau März 2016

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Die Medienschau von palliative zh+sh gibt Einblick in die Berichterstattung zu Palliative Care und verwandten Themen im vergangenen Monat. (Bild: palliative zh+sh)

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Unter dem Titel «Medienschau» bietet palliative zh+sh regelmässig einen (unvollständigen) Überblick über die Berichterstattung in verschiedenen Medien zu Palliative Care und verwandten Themen. Für den Ferienmonat Juli liefern wir hier eine etwas kürzere Fassung als üblich.

Die Medienschau ist eine Momentaufnahme eines Ausschnittes der öffentlichen Diskussion zum Thema und bietet kurze Zusammenfassungen, zeigt Verknüpfungen auf und soll nicht zuletzt unterhalten und zur weiteren Lektüre der besprochenen Beiträge anregen. Wo vorhanden, werden die Links zu den Beiträgen deshalb in der rechten Spalte aufgelistet.

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13. April 2016 / Medien
Eine würdige Versorgung bis ans Lebensende dürfe kein Luxus sein. Das sagte Monika Obrist gegenüber dem «Landboten»in einem Bericht über die Finanzierung spezialisierter ambulanter Palliative Care. Als Geschäftsleiterin des Verbands spezialisierter Palliative-Care-Leistungserbringer (SPaC) machte sie deutlich, wie wichtig es wäre, die Finanzierung dieser Leistungen angemessen zu regeln. Bis zu 80 Prozent der Menschen möchten gerne zuhause sterben. «Anspruch und Wirklichkeit klaffen jedoch weit auseinander», so Obrist im Artikel. Nur 20 bis 30 Prozent der Sterbenden bleiben bis zum Ende zuhause. Die Finanzierungslücke, so erläutert der Bericht, entstehe, weil die Palliative-Care-Teams im Kanton Zürich im Gesetz zwischen Stuhl und Bank fallen. Für die Lücke fühlten sich weder Kanton noch alle Gemeinden verantwortlich.


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Die Investition in mobile spezialisierte Palliative Care würde sich mit grösster Wahrscheinlichkeit sehr lohnen. So heisst es in einem Online-Artikel des Magazins «New York», die Belege würden sich häufen, dass es besser sei, zuhause zu sterben. Dort seien die Betroffenen viel eher von Freunden und Familie umgeben, fühlten sich eher wohl – und zudem würden an ihnen wahrscheinlich weniger «unnütze, invasive medizinische Interventionen» vorgenommen. Dazu nennt die Autorin des Artikels eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Japan, gemäss welcher Patientinnen und Patienten, die zuhause sterben, länger oder mindestens gleich lang leben, wie jene, die in einem Spital sterben. «Das hat wichtige Konsequenzen für medizinische Entscheidungsträger_innen», heisst es im Artikel. Und zwar in Bezug auf die Frage, wie sie die Optionen, die den Betroffenen zur Verfügung stehen, in der Kommunikation bewerteten.

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Auch in der Sendung «Doppelpunkt» unter dem Titel « Palliative Care: Von den letzten Dingen» auf Radio SRF1 kam die mobile Palliative Care prominent zur Sprache. So begleitete die Sendung eine spezialisierte Pflegefachfrau bei der Betreuung eines Patienten und seiner Frau. «Wir schauen, was den Patienten gut tut, und versuchen das zu leisten. Das muss nicht immer mit Medikamenten zu tun haben», sagt die Fachfrau im Beitrag. Aber auch die stationäre spezialisierte Betreuung kommt zur Sprache. Ein Besuch bei der Palliativstation Diaconis in Bern zeigt, wie wichtig ein interprofessionelles Team ist – und welche wichtige Rolle dabei nicht zuletzt den Freiwilligen zukommt. Den Aspekt der Interprofessionalität betont auch der Hausarzt Christoph Cina. Die Expertin Nelly Simmen nimmt zudem Stellung zum wichtigen Thema Kommunikation. Gespräche zu führen, auch wenn sie sehr schwierig sind, ist entscheidend. Das wird in der gesamten Sendung deutlich. Eine reichhaltige Sendung, die es schafft, der Komplexität des Themas beizukommen. Ergänzend zur Sendung erschien ein Online-Artikel mit wichtigen Daten und Informationen zum Thema

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Zur «Bedeutung des Teamgeistes» äusserte sich der deutsche Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. So berichtet die deutsche «Ärzte Zeitung» über seine Forderung anlässlich den «Berliner Gesprächen zum Gesundheitsrecht», Mediziner_innen müssten künftig über Fachrichtungen und Hierarchien hinweg stärker als Team zusammenarbeiten. Als Beispiel nannte er die Palliative-Care- und Hospiz-Arbeit. «Die Versorgung sei hier nur so erfolgreich möglich, weil diese Wertschätzung hierarchieübergreifend erbracht werde», zitierte ihn die «Ärzte Zeitung».

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Darüber, wie die Versorgung in Palliative Care funktionieren kann, spricht Dr. Thomas Sitte im Interview mit «InFranken.de». Er ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Palliativstiftung. Sitte meint, am Lebensende bräuchten die Menschen vor allem zwei Dinge: «Das eine ist eine Garantie: Ich bin immer für dich da. Das andere: Ich kümmere mich um alles.» Und er ergänzt, dieses «Ich» müsse ein multiprofessionelles Team sein. Eine wichtige Rolle spielen seiner Meinung nach auch die Freiwilligen. «Ehrenamtliche sind die Grundlage der Versorgung.» Die zusätzlichen finanziellen Mittel, die das neue Hospiz- und Palliativgesetz in Deutschland vorsieht, sieht Sitte in einer Abhängigkeit zu den vorhandenen personellen Ressourcen. «Ich glaube nicht, dass das ganze Geld im Moment wirklich sinnvoll ausgegeben werden kann, weil die Menschen fehlen, die es sinnvoll umsetzen können», sagt er.

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Die «Aargauer Zeitung» AZ berichtet über die «Hospizbewegung Fricktal». Diese wolle aufzeigen, dass selbstbestimmtes Sterben auch ohne Exit möglich sei, heisst es im Artikel. Die Hospizbewegung Fricktal ist ein Netzwerk aus elf sozialen, kirchlichen und medizinischen Institutionen, «die sich dem Grundsatz der Palliative Care verpflichtet haben». Zitiert wird darin unter anderen der Arzt Markus Denger, der im Hospiz Aargau engagiert ist. Dort – wie überhaupt in der Palliative Care – mangle es an einer angemessenen Finanzierung. «Es ist für mich unverständlich, dass bei diesem Bereich derart geknausert wird», zitiert ihn die AZ. «Sterben kann man doch nicht per Fallpauschale abrechnen.»

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In der Deutschschweiz leisten Ärzte immer öfter Sterbehilfe in irgendeiner Form. Das zeigt eine neue Studie der Universität Zürich (wir berichteten). Die Sendung «10 vor 10» von Schweizer Radio und Fernsehen stellte die Studienergebnisse vor und liess sie von Gian Domenico Borasio besehen. Er stellte fest, dass Ärzte im Vergleich zu früheren Untersuchungen nicht mehr alles medizinisch Machbare unternehmen, um jemanden am Leben zu halten. Auffallend ist in seinen Augen aber, dass Betroffene relativ oft nicht in die sie betreffenden Entscheidungen eingebunden sind. Studienleiter Georg Bossard sagt im Beitrag von «10 vor 10» dazu: «Ich glaube, dass es immer Verbesserungsbedarf gibt.» Im Einzelfall könne es aber auch sehr schwierig sein, manche Patienten wollten schlicht nicht über dieses Thema sprechen, so Bossard. Beschönigen will er das Ganze aber nicht: «Es gab bestimmt Fälle, bei denen man darüber hätte sprechen sollen, es aber nicht getan hat.»

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Gespräche zu Entscheidungen am Lebensende könnten derweil auch schon vor Eintreffen einer entsprechenden Situation geführt werden. Die Newsplattform «USA Today» berichtet über eine neue Regelung im amerikanischen Gesundheitssystem, die besagt, dass Ärztinnen und Ärzte für ein halbstündiges Gespräch über das Lebensende mit 86 US-Dollar bezahlt werden. Was genau in solchen Sitzungen besprochen werden soll, wird nicht vorgegeben. Auch Pflegekräfte können für die Gesprächszeit entschädigt werden. Die Regelung wird gemäss dem Artikel mehrheitlich begrüsst, wobei teilweise Skepsis über ihre Wirkung herrscht. Experten betonen, dass eine solche Regelung alleine noch nicht für gute und damit wirksame Gespräche sorge. Viele Mediziner_innen seien schlicht nicht ausgebildet, um solche Gespräche zu führen und Betroffene in irgendeiner Form zu beraten. Oder es sei ihnen grundsätzlich unangenehm, mit ihren Patientinnen und Patienten über solche Themen zu sprechen.

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Wenn es um diese Vorbereitung auf die letzte Lebensphase geht, wird auch intensiv über «Selbstbestimmung» diskutiert. Darunter verstehen alle etwas Anderes und es geht dabei um weit mehr als darum, ob jemand den Zeitpunkt seines Todes selber wählt oder nicht. Aber eine Möglichkeit, die diesbezüglich immer wieder zur Sprache kommt, ist das «Sterbefasten», oder präziser: der «freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit, FVNF». Drei Medzinethiker_innen der Universitätsmedizin Göttingen legten kürzlich die Ergebnisse einer Studie vor, die zeigen, dass viele Mediziner_innen «ein ärztlich begleitetes Sterbefasten als ein Mittel, selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen», befürworten. Das schreibt die Online-Ausgabe der Lokalzeitung «HNA». Demnach sei der FVNF «für die Palliativversorgung ein relevantes Thema», es müsse aber noch eingehender analysiert werden. Publiziert wurden die Studienergebnisse erstmals in der «Zeitschrift für Palliativmedizin».

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Ebenfalls im Zuge der Diskussion um «Selbstbestimmung» und die Möglichkeiten, sich auf das Lebensende vorzubereiten, werden Patientenverfügungen als wichtiges Instrument diskutiert. Ein Problem an diesem Instrument ist nach wie vor seine kurzfristige Verfügbarkeit in kritischen Situationen. «Kaiser Health News» KHN schrieb im vergangenen Monat über die Tücken der Technik, wenn digital abgelegte Patientenverfügungen eingesehen werden sollten. Oftmals gingen sie in den labyrinthischen Ablagen verloren oder seien unleserlich, wenn es Inkompatibilitäten gebe. «Das Problem ist nicht neu», schreibt KHN. Auch die Patientenverfügungen auf Papier seien nicht selten verloren gegangen. Aber bisher konnte noch keine überzeugende digitale Lösung gefunden werden. So sei es noch immer so, dass wenn Betroffene keine gedruckte Kopie ihrer Verfügung sofort zur Hand hätten, die medizinischen Leistungserbringer diese mit grosser Wahrscheinlichkeit auch nicht zu Gesicht bekämen. Aktuell seien aber verschiedene Entwickler dabei, für die Probleme eine adäquate Lösung zu suchen.

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Eine Auseinandersetzung mit der letzten Lebensphase auf einer ganz anderen Ebene bot die Sendung «Passage» von Radio SRF2 Kultur. Unter dem Titel «Sterben lernen – wie man lebt, so geht man» beschäftigte sich das Feature von Angelika Brauer mit der Rolle des Todes in unserem Leben. Mit Zitaten von Gian Domenico Borasio (auch aus seinem neuesten Buch) und mit Aussagen des Regisseurs Hans Neuenfels sowie dem Arzt Uwe Arnold, der Menschen auch beim Suizid unterstützt, nähert sich die Sendung dem Thema an, beleuchtet es aus ganz unterschiedlichen Perspektiven und stellt grundlegende Fragen. Begreifen wir den Tod als Schicksal? Wollen wir das ewige Leben? Soll man den Tod wegschieben, ihn hinauszögern, oder ihn willkommen heissen? Oder ist die Diskussion mit dem Zitat von Bertold Brecht beendet, der sagt: «Wer nicht sterben kann, stirbt auch»? Sind wir der Situation am Ende des Lebens komplett ausgeliefert? Haben wir Spielraum? Borasio sagt in der Sendung: «Müssen muss man nur sterben. Alles andere ist im Grunde genommen optional. Das heisst, jeder und jede ist frei am Lebensende. (...) Ich kann auch diese Metapher vom Loslassen nicht mehr hören. Kein Mensch ist gezwungen, loszulassen. Warum, wer sagt das denn?» Und Brauer: «Sicher ist, dass wir den Tod brauchen. Er verhilft als Massstab zur Orientierung. Bezieht man die eigene Endlichkeit ein, gewinnen die Wünsche und Ziele Kontur.»

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«Oft sterben Menschen, wie sie gelebt haben. Die Kämpfertypen brauchen bisweilen länger, ebenso wie die Bedachten, die Langsamen.» Das sagt die Palliativärztin Christiane Gog im Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen» (FAZ). Aber: Man könne daraus keine Regelhaftigkeit ableiten. Sterben sei etwas sehr Individuelles. «Es gibt keine Vorlage. Jeder stirbt nach seiner Fasson und nicht qualitätsnormiert.» Gog stellt fest, dass heute ein Mensch «mühelos» 60 werden könne, bis er erlebe, wie ein naher Mensch stirbt. Weil wir so wenig Kontakt mit dem Tod hätten, existierten einerseits «klischeehafte Bilder» über den Tod und andererseits Ängste vor «dem grossen Unbekannten». Sie findet: «Wir haben so eine Disney-Vorstellung vom Sterben.»

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Ein neues Buch zum Thema Umgang mit dem Tod war Anlass für ein Interview der Agentur «Planet Interview» mit der Autorin Angelika Kallwass. Die Psychologin spricht vor allem über Trauer und sagt: «Die meisten Angerhörigen wollen den Tod nicht totschweigen, sie wollen sich mitteilen und über den Toten reden.» In ihrem Buch «Was am Ende zählt» schreibt sie über ihren eigenen Umgang mit dem Tod und die Erfahrungen, die sie gemacht hat, als sie ihre Mutter in den Tod begleitete. Im Interview erzählt Kallwass, wie ihre Mutter es beruhigt hatte, dass sie ihr versprach, sie im Sterbeprozess nicht leiden zu lassen – und bestätigt damit als Betroffene, was Dr. Thomas Sitte als Fachperson kennt.

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Einen kritischen Blick auf den aktuellen Umgang mit Demenzkranken warf Michael Schmieder als Gast in der Sendung «Sternstunde Philosophie» von SRF. Der «Pionier in der Demenzbetreuung» und heutige Leiter der «Sonnweid» in Wetzikon sprach mit Gastgeber Stephan Klapproth über die Krankheit des Vergessens. Darüber, wie neue Bewohnende sich an das neue Umfeld im Heim gewöhnen können und wie der Umgang mit Demenzkranken seiner Meinung nach aussehen sollte. Schmieder sagt, man solle nicht versuchen, das Verhalten von Demenzkranken zu erklären. Sondern man müsse es einfach so hinnehmen, wie es ist, und damit einen Umgang finden. Wichtig ist Schmieder vor allem, dass Menschen mit Demenz in Gesellschaft leben können. «Wir wollen, dass der Mensch nicht vereinsamt.» Der Mensch in dieser Krankheit wolle nämlich nicht alleine sein, er wolle immer Beziehungen.
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